Man sollte man sich um Gottes Willen ein bißchen mehr an Handlung einfallen lassen…

„Fast & Furious: Hobbs & Shaw“ von David Leitch

von Renate Wagner

Fast & Furious: Hobbs & Shaw
(USA 2019)

Regie: David Leitch
Mit: Dwayne Johnson, Jason Statham, Vanessa Kirby, Idris Elba, Helen Mirren u.a.
 
Es gibt dermaßen viele Franchise des Kinos, daß wahrscheinlich nur Kids und ausgewiesene Fans den Überblick behalten, etwa über die immense „Fast & Furious“-Welt, in der verschiedene Helden und Handlungsstränge herumwirbeln und immer neue Spin-Offs getätigt werden. Am besten man kümmert sich nicht um die Vergangenheit, sondern darum, was der neueste Film zu bieten hat. Und das kann man kurz und bündig zusammen fassen: herzlich wenig.
 
Nun mag es ja – zumal in einem extrem mageren Kinosommer, dessen einzige Attraktion bisher fast echt wirkende Löwen waren – für manche Kinobesucher reichen, wenn zwei Action-Stars (denkt man an frühere Kaliber, sind sie allerdings nur B-Qualität) zusammengespannt werden. Natürlich als „Buddies“, auch wenn sie sich nur angiften. Vorweg genommen: Die möchtegern-„komischen“ Dialoge hat man selten so gewaltsam und unlustig erlebt wie hier. Zumindest im Original. Auf Deutsch würde man da schon die Synchronisation von „Die Zwei“ brauchen, um das zu retten (man erinnert sich, Tony Curtis und Roger Moore in der Fernsehserie, die auf Deutsch so viel witziger und spritziger war als auf Englisch).
Da ist also Muskelpaket Luke Hobbs in Gestalt von Dwayne Johnson, der nicht viel mehr zu bieten hat, als seine gewaltige Gestalt vor die Kamera zu schieben. Ja, und natürlich herumprügeln, was das Zeug hält. Um ihm einen „soft spot“ zu verschaffen, hat er eine entzückende kleine Tochter (Eliana Sauniatu Su’a), für die er der liebe Papi ist und deren Skype-Anrufe er auch entgegen nimmt, wenn rund um ihn letale Raufereien stattfindet.
Der andere, im Vergleich zu Hobbs klein und schmal (was gelegentlich ironisch erwähnt wird), ist Deckard Shaw alias Jason Statham, der schon seit eineinhalb Jahrzehnten als Bruce Willis für Arme unterwegs ist. Auch ihm ermangelt es, wie seinem Kollegen, an jeglicher darstellerischer Präsenz, aber auch er prügelt fest – und darauf kommt es in diesem Film an. Auffallend – wie auch bei der Dame, die seine Schwester spielt – sein dezidiert britisches Englisch. Es ist bloß keines aus der feineren, sondern aus der unteren Lade.
Auch Shaw wird als Familienmensch eingeführt – Helen Mirren, die offenbar zu vielem bereit ist, hat allerdings nur zwei Szenen als die souveräne, im Gefängnis sitzende Mama. Schwesterchen Hattie Shaw ist dagegen die weibliche Heldin: die Britin Vanessa Kirby, schnippische Unterklasse und immer zerrauft, aber als MI 6-Agentin muß sie natürlich auch kämpferisch was drauf haben.
 
Ihnen steht als Hybrid-Bösewicht, halb Mensch, halb Maschine, Brixton Lore in Gestalt von Idris Elba gegenüber. Dieser Darsteller hat sich ja immer wieder nachdrücklich als der erste schwarze James Bond ins Gespräch gebracht, der er gerne wäre. Mit dieser Leistung empfiehlt er sich nicht, bietet bloß Bösewicht-Grimassen.
Jetzt fragt man sich, worum es innerhalb dieser konventionellen Aufstellung geht – und das ist noch simpler denn je. Also, der Bösewicht (ferngesteuert von einer Stimme, die sich nicht erkennbar entpuppt) will mit einem tödlichen Virus alle Menschen zerstören. Bitte, nicht fragen, wie der Virus in den Körper von Hattie kommt, es geht alles ohnedies viel zu schnell, um auch nur die geringste Wendung der Geschichte klar zu machen.
Jedenfalls führt der Weg von London (da sieht man ein wenig von der Stadt) nach Moskau (da sieht man nichts, nur Eddie Marsan ist ein drolliger russischer Wissenschaftler). Aber um den Virus aus Hattie heraus zu holen, muß man nach Samoa, wo Luke Hobbs geboren wurde und seine Familie einst verlassen hat. Die liebenswert-resolute Mama, vor der all die harten Männer zittern, nimmt ihn natürlich auf, während der Bruder erst einmal einen Kinnhaken für den Abtrünnigen bereit hat. Und Polynesien ist ja wirklich sehr pittoresk.
Bevor ausgerechnet die technisch offenbar übergeschickten Samoaner eine Maschine richten, die den Virus aus Hattie herausholt (!), bietet der Film – der bis dahin einfach Prügel-Action zeigt, die von Regisseur David Leitch mit immerhin einen Quentchen Humor geboren wird – seine einzig wirklich schöne Show: Der Hubschrauber, mit dem der Bösewicht fliehen will, wird per Ketten an erst einen Lastwagen am Boden gebunden, dann an mehrere, und nun beginnt an einer Küstenstraße, direkt am Abgrund, ein tolles Hin- und Hergezerre zwischen Fluggerät und Autos, natürlich zu gewaltigem Geschrei und Getöse… und gelegentlichen erschreckten Quietschern des Publikums.
 
Am Ende, ja, ist der Böse weg. Und die Helden werden von ihren Geheimdienst-Agenten im Nachspann schon für das nächste Abenteuer verpflichtet. Dafür sollte man sich aber um Gottes Willen ein bißchen mehr an Handlung einfallen lassen…
 
 
Renate Wagner