Leberkäsjunkie
(Deutschland 2019) Regie: Ed Herzog
Mit: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Eva Mattes, Manuel Rubey, Robert Stadlober, Enzi Fuchs, Eisi Gulp u.a. Unter den Österreichern, die den Bayern so kuschelig nah sind und die für deren etwas derben Humor jegliches Verständnis aufbringen, gibt es jede Menge „Eberhofer-Junkies“. Und seit man sich entschlossen hat, Jahr für Jahr einen neuen Film mit Franz Eberhofer, Polizist in Niederkaltenkirchen, in die Kinos zu bringen, werden diese Streifen nach den Romanen von Rita Falk geradezu hungrig erwartet.
Der sechste trägt – weil im Titel ja immer vom Essen die Rede sein muß – die süffige Bezeichnung „Leberkäsjunkie“ und bietet alles, was man gewöhnt ist und liebt. Höchstens, daß Regisseur Ed Herzog diesmal noch ein bißchen kraftvoller, sprich: gröber zugegriffen hat, wenn es um den Humor geht. Aber das muß man aushalten – als Bayer sowieso, als Österreicher natürlich auch.
Eine Krimi-Handlung muß es immer geben, wenn sie auch eher am Rande läuft. Aber wenn es bei der Liesl Mooshammer gebrannt hat, gibt es nicht nur eine verkohlte Leiche, sondern auch gleich ein paar Handlungsstränge, die Spaß machen. Erstens: die obdachlose Liesl zieht bei den Eberhofers ein, und das ist drolligerweise Eva Mattes. So jung wie damals, als sie mit dem Sebastian Bezzel im Bodensee-„Tatort“ ermittelt hat, ist sie nimmer (er auch nicht), und die Mattes, diese gloriose Zadek-Schauspielerin (lang, lang ist’s her), macht sich einen Spaß daraus, so „schiach“ und ekelhaft und dabei brüllend komisch zu sein wie möglich. Also sehr. Vor allem, wenn sie Schnitzel frißt und der Eberhofer sich mit Brokkoli-Tofu quälen soll…
Als ehemaliger Liebhaber der verkohlten Leiche wird der Buengo (Castro Dokyi Affum) ausgeforscht, quasi der „David Alabada“-Teil der Handlung, des Dorfes Schwarzafrikaner und unentbehrlicher Fußball-König. Den darf man natürlich nicht ins Gefängnis stecken, wenn ein Match ansteht, klar? Da muß der Eberhofer schon eingreifen (und all den Brutalos, die immer noch „Neger“ sagen, tückisch die Leviten lesen).
Ja, und da gibt es im Umkreis der Toten noch ein todschickes schwules Pärchen – wie Manuel Rubey da permanentes, verkrampftes Unbehagen mimt und Robert Stadlober eleganten, großkopfigen Hochmut, das muß man gesehen haben. Solcherart hat die Krimi-Handlung schon ihr Gewicht.
Wenn sie auch, wie immer, nicht gar so wichtig ist. Es geht immer in erster Linie um den Franz und seine Umgebung. Diesmal sind seine Cholesterin-Werte ein Thema – und Vorberichte zu den Dreharbeiten waren voll davon, daß sich Sebastian Bezzel ein echtes „Wamperl“ anfressen mußte, um glaubhaft als mittelalterliches Dickerchen mit Gesundheitsproblemen durchzugehen. Daß er die verbotenen Leberkässemmeln und die Würste schon irgendwie in sich hineinstopft, während die Oma grauslich Gesundes kocht (zur heftigen Empörung aller) – also vorbildhaft ist der Franz ja nicht, aber wann wäre er das je gewesen?
Als Vater ist er besser. Zwar hat es die Susi (die Glanzrolle für die schnippische Lisa Maria Potthoff) nicht bei ihm ausgehalten, aber daß Söhnchen Pauli (entzückend und vermutlich ein bißl älter als das angegebene eine Jahr) auch einen Vater haben muß, ist ihr klar. Deshalb deponiert sie den Kleinen nicht ungern beim Franz, der ihn überall hin mitnimmt, genauer: mitschleppt. Nicht gerade zur Freude seines wenig kinderfreundlichen Spezis Rudi Birkenberger (unersetzlich wie immer, unwiderstehlich blöd grinsend: Simon Schwarz), der durch die Handlung wieselt, beim Aufklären des Falles hilft und den Kleinen auch schon mal an einem Bein packt und kopfüber schaukeln läßt – was bei den Müttern im Zuschauerraum wahres Entsetzen auslöst, aber ein echter Bayer lacht nur angesichts solcher Brutalitäten.
Die Oma (was täte man ohne Enzi Fuchs, möge sie ewig leben) kocht, der Bruder vom Franz, der Leopold (Gerhard Wittmann), protestiert gegen den Bau eines Hotels, und für den Papa hat sich die Handlung etwas Besonderes ausgedacht: Der ewige Rüpel wird ganz handzahm und verliebt sich und reist am Ende seiner Erwählten (Anica Dobra) nach Spanien nach. Bloß – das ist den Drehbuchautoren schon klar, daß er für den nächsten Film wieder da sein muß: Ohne Eisi Gulp läuft nämlich gar nichts.
Daß Wirt, Fleischhauer und natürlich Installateur (Daniel Christensen), daß Bürgermeister und Polizeichef ihre Auftritte haben, klar, sogar für Österreichs Beitrag, Michael Ostrowski als fröhlich-sadistischem Gerichtsmediziner ging sich ein Drehtag aus.
Was will man mehr? Gar nichts. Höchstens eine witzige Fortsetzung. Privat werden der Franz und die Susi sich immer in die Haare kriegen (selbst bei seinem Phlegma), man wird dem Pauli gern beim Heranwachsen zusehen, gerauft und gesoffen wird in Bayern immer… ja, und irgendein Mord wird sich schon finden. Bis zum nächsten Jahr!
Renate Wagner
|