Beim Zahnarzt

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch

Beim Zahnarzt
 
Früher sagte man, wenn ihnen was weh tut, dann sagen sie AUA. Heutzutage sagt mein Zahnarzt immer, wenn ihnen was weh tut, dann heben sie den Arm hoch. Ja was denn? Tut es dann weniger weh? Gibt er sich dann mehr Mühe oder setzt er dann den neuen Infrarot-Bohrer ein, den er sonst nur zu Weihnachten herausholt? Ich weiß es nicht. Bittet er dann seine geschicktere Kollegin, die bei Germany´s Next Top Modell gewonnen hat, meine Zahnpflege zu übernehmen und stellt endlich die Antistressmusik an und erlaubt mir einen Schnaps zu trinken? Ich weiß es nicht. Und außerdem, wenn man dauernd den Arm hochhebt, tut dann nicht irgendwann der Arm weh? Die Lehrer in der Schule denken immer, die Schüler zeigen auf, weil sie was wissen. Nein, sie zeigen auf, weil ihnen was weh tut. Mir ist schon klar, daß man mit einem Bohrer im Mund nicht solche Sachen sagen kann, wie: „Die Aorta am dritten Zahn oben rechts in Nähe der Wurzel schmerzt beim Bohrerkontakt“, aber ich kann doch „Aua“ sagen. Das versteht man doch auch mit Bohrer im Mund. „Aua“. Das versteht man doch in jeder Sprache der Welt. „Aua!“ schreit der Bauer, „die Äpfel sind zu sauer, die Birnen sind zu süß, morgen gibt’s Gemüs, übermorgen Sauerkraut. Dann ist der ganze Tisch versaut.“
 
 

© Erwin Grosche
 Aus: Grosches Weltlexikon