Amerika

von Hanns Dieter Hüsch

© Jürgen Pankarz
Amerika
 
Folgendes muß man sich vorstellen:
Fernsehen: Also, da sitzen vier Herren. Unterhaltungsherren. Männer der leichten Muse und der schweren Verantwortung. Helle Köpfe, flott, beweglich.
Suchbild: Wo ist der Gag? Oder wo bleibt der Gag?
Oder wie und wo kann man lachen? Und ich nun mitten unter den Herren. Es geht um Amerika. Amerika steht im Raum. Wir wollen, wir sollen einen Amerikafilm machen fürs Fernsehen. 25 Minuten fürs Vorprogramm. Das heißt nicht zu hoch und nicht zu tief, etwa auf der Ebene der Pantoffeltierchen, die um 17.30 Uhr von der Arbeit heimkehren.
Also nicht kritisch und doch kritisch, mehr unterhaltend, schon kritisch, aber nicht politisch, außerdem haben wir ja Frühling, kann schon spitz sein, stellenweise schon, aber nicht zu spitz, mehr liebenswürdig, eigentlich mehr komisch. Und damit ist das Stichwort gefallen: AMERIKA KOMISCH
Hm. -
Ich meine, Amerika ist doch schon komisch also wenn Amerika nicht komisch ist, an sich… Stellen Sie sich vor, sagt einer …
Ich sage gar nichts…
Stellen Sie sich vor, Hüsch auf dem Empire State Building, das ist doch schon komisch Und der Wind weht dann seinen Hut weg
SCHNITT
Und man sieht ihn dann auf dem Broadway, wie er gerade den Hut auffängt, so als wäre nichts gewesen, das fände ich irrsinnig komisch. Und das ist auch, was den Leuten vielleicht kann man das als Stilmittel durch den ganzen Film …
ODER:
Wenn Hüsch vielleicht als Fremdenführer … wir können dann ja immer noch auf das Empire State Building zurückspringen und dann ist er plötzlich in einer ganz anderen Landschaft, also das fände ich …
Hm. -
Sollten wir uns nicht doch erst mal fragen: Warum ist Hüsch überhaupt in Amerika, warum fährt er überhaupt nach Amerika, warum? Er sucht vielleicht einen alten Bekannten, vielleicht einen Freund seines Vaters und … Na und? Na gut, das findet ihr nicht so gut … aber … aber dabei könnte er doch … dabei lernt er New York wie seine Westentasche kennen. Das finde ich ehrlich gesagt nicht so komisch. Nagut. Aber. Oder er kann die Riesenstadt gar nicht bewältigen, wir können dann ja immer noch und immer wieder von der Idylle auf die Großstadt zurückschneiden, das fände ich schon komisch …
Wenn er da plötzlich unter einem Baum und dann auf einmal im dicksten Verkehr … oder er kann ja auch ein Preisausschreiben gewonnen haben, und nun kommt er auf dem Kennedy-Flughafen an und sieht, daß es da gar keine Straßenbahnen gibt … Das fände ich nun wieder sehr komisch und dann die ganzen Verständigungsschwierigkeiten, wenn das nicht komisch ist!
Hm. -
Was soll er eigentlich anziehen? Ich meine, kommt Hüsch als Hüsch oder … Ja, was ist komischer, wenn er zum Beispiel als Herr Kunze aus Osnabrück kommt …
Ich fände, das fände ich ich …
Es muß jedenfalls dabei herauskommen, daß nicht Amerika komisch ist, sondern, wie soll ich sagen, daß Hüsch in Amerika komisch ist, wir sind ja eben an diese komische Zeit gebunden, wie das nun immer im einzelnen, das müßt ihr euch halt in New York überlegen.
Nur, daß eben ein hübscher, kleiner Spaß entsteht, so ein kleines feuilletonistisches Spielchen mit der Neuen Welt, mehr nicht Das wär schon sehr komisch. -
 
Ja, und so haben wirs dann auch gemacht.
Und so ist es dann auch geworden.
 
Hanns Dieter Hüsch


© Chris Rasche Hüsch
Veröffentlichung aus „Zugabe" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung
Die Zeichnung stellte freundlicherweise Jürgen Pankarz zur Verfügung.