Prächtige Unterhaltung, mit nobler Hand inszeniert

„Downton Abbey“ von Michael Fengler

von Renate Wagner

Downton Abbey
(GB 2019)

Regie: Michael Fengler
Mit: Maggie Smith, Hugh Bonneville, Imelda Staunton u.a.
 
Es gibt so viele TV-Serien auf dieser Welt, viele auch langlebig, und doch muß etwas Besonderes dabei sein, wenn ein Name zum Begriff wird: „Downton Abbey“, der fiktive britische Adelssitz, der ein Millionenpublikum mit seinen Generationen übergreifenden Schicksalen fasziniert hat – wobei es nicht nur um die Lords und Ladies ging, deren Schicksale die Briten im wahren Leben so gerne im „Tatler“ nachlesen, sondern auch, und das war ein geschickter Trick, um das Personal, so daß sich auch „der kleine Mann“, der vor dem Fernsehapparat saß, vertreten fühlen konnte.
Obwohl außer der großen Maggie Smith und einmal vorbeischauend Shirley MacLaine als Amerikanerin keine wirklichen Stars dabei waren, erfreuten sich Herrschaften und Diener in ihren Darstellern bald großer Popularität. Man muß ja nur Menschen, Typen, Exzentrik, Tragik und Humor sowie die zwingenden Ereignisse der Geschichte geschickt mischen (als ob das so leicht wäre) – und schon funktioniert’s.
 
Aber alles hat ein Ende, nach fünf Staffeln, 52 Folgen und einer Menge Specials ging die Fernsehserie zu Ende, um offenbar ein so großes Loch im Bedürfnis der Fans zu hinterlassen, daß nun ein Film nachgeschoben wird. Er spielt nach dem Ende der Familiengeschichte im Jahre 1927 und hat an sich nur ein Handlungs-Zentrum: den Besuch von König George V. und Queen Mary (deren Tochter gesellt sich dann auch noch dazu), die damals von Adelssitz zu Adelssitz reisen. Auch wenn die königlichen Herrschaften nur einen Tag bleiben, die Vorbereitungen für einen königlichen Besuch können ein Haus schon auf den Kopf stellen.
Nun gibt es in England auch starke antimonarchistische Bewegungen (man muß nur den „Guardian“ lesen), und darum haben es die Drehbuchautoren, an der Spitze Julian Fellowes, geschickt vermocht, den Schwerpunkt auf die Bediensteten zu legen. Dennoch wurlt man sich als Zuschauer in den Herrschaftsräumen wie in den Dieneretagen durch die bekannte Unzahl von Personen.
Die Dienerschaft ist hoch beleidigt, als eine Crew aus dem Buckingham-Palast erscheint, erklärt, man übernehme hier das Ganze und das heimische Personal möge sich zurückziehen (wobei man auch noch die Bemerkung fallen ließ, wie unwichtig Downton Abbey und seine Familie Crawley sei). Na, mehr brauchen die Hochmütigen aus London nicht! Das Kinopublikum – wenn es sich auf die Geschichte einläßt – darf sich nun höchst dabei vergnügen, wie die Angestellten des Kings ausgetrickst werden… selbst wenn einiges davon untergriffig ist.
 
Interessant, wie sehr an den Rand der „regierende Lord“ (Hugh Bonneville) gerückt ist, aber Maggie Smith als die Dowager Countess of Grantham muß natürlich ihren zentralen Platz einnehmen: Damit sie sich auf ihre unvergleichliche Art entrüsten kann, hat man eine reiche Verwandte (Imelda Staunton) aus dem Hut gezaubert, die die Unverschämtheit besitzt, daß sie ihr Geld nicht den Crawleys, sondern ihrer Zofe (Tuppence Middleton) vermachen will… Die ist so entzückend, daß man sie dem verwitweten Crawley-Schwiegersohn (Allen Leech) herzlich gönnt, der auch noch einen Attentäter unschädlich macht.
Damit alle nötigen Ingredienzien in die Geschichte verarbeitet werden (wenn der alte Butler zu Hilfe geholt wird, ist der neue böse und dergleichen Menschelndes), gibt es noch eine schwule Nebenhandlung, und King und Queen (Simon Jones und Geraldine James) sind natürlich sehr freundlich und huldvoll (die Royals haben schließlich noch genug Fans)… und am Ende ist alles gut.
Regisseur Michael Fengler hat das mit nobler Hand zusammengemixt, wird nie peinlich, läßt den nötigen britischen Humor walten – kurz, wenn man da keine Vorurteile gegen Menschen dieser Art, Filme dieser Art hegt, kann man sich prächtig unterhalten.
 
 
Renate Wagner