Der Insektenreiniger

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch

Der Insektenreiniger
 
Seelenverwandschaft mit Doktor Staub
 
Eigentlich war ich nur im VW-Autohaus gewesen, um mir eine neue Birne zu holen. Im Bordsystem war ein Defekt angezeigt worden. Eine Birne leuchtete nicht und schränkte meine Sicherheit ein. Während ich auf Doktor Staub wartete, der an diesem Tag solche Reparaturen annahm, sah ich neben dem Info-Schalter eine Sammelbox. „Insektenreiniger“ stand auf einer handgeschriebenen Pappe. „50 Cent“. In dem Sammelbehälter lagen gelbe Schwämme, die an unterschiedlich langen Stielen hingen und so geeignet waren Biene, Mücke, Hummel und Co. zu erreichen und zu säubern. Ich war glücklich. Wie schön diese Welt geworden war, daß wir bei allen Sorgen noch Zeit hatten uns um unsere Insekten zu kümmern. Wir reinigen Ameisen und säubern Kartoffelkäfer. Bald ist Badetag für die Libellen. Doktor Staub war hinter mich getreten und lächelte mich an: „Der Insektenreiniger ist klasse“, sagte er. „Er reinigt jeden Käfer und ist echt preisgünstig.“ Ich nickte. Die Insekten dieser Welt konnten aufatmen. Vielleicht konnte ihnen ein anderes Erscheinungsbild helfen, ihr angekratztes Image aufzupolieren. „Mit dem Insektenreiniger kratzen sie auch jeden Kotflügel frei.“ Ich nickte. Auf einmal wußte ich, warum der Kotflügel Kotflügel genannt wurde. „Hauptsache, alles wird sauber, was auf den Scheiben sitzt“, sagte ich. Doktor Staub und ich schauten uns an. Wir hatten verstanden.
 
 

© Erwin Grosche
 Aus: Grosches Weltlexikon