Universitätswein in Wuppertal?

Der Klimawandel und seine Folgen

von Johannes Vesper

Foto © Karl-Heinz Krauskopf
Universitätswein in Wuppertal?

Der Klimawandel und seine Folgen
 
Von Johannes Vesper
 
Wein war schon immer begehrt und manchmal auch heiß umkämpft. Die Kelten kamen dank der Aufmerksamkeit der kapitolinischen Gänse 397 v. Chr. in Rom nicht zum begehrten Ziel, die Cimbern und Teutonen wie auch die Vandalen nicht. Sie suchen noch heute, allerdings  waffenlos und  vorwiegend in den Sommerferien an der Adria, namentlich bei Chianti und natürlich dem Primitivo ihr Glück. Die Burgunder erreichten zur Zeit der Völkerwanderung immerhin die Rhone und kümmern sich seitdem dort erfolgreich um den Weinbau. Und gegen den erklärten Willen des Cheruskerfürsten Arminius und seiner Thusnelda, der Namensgeberin aller heutigen Tussis, die in Kalkriese alles getan haben, um ihn hier zu verhindern, haben uns die Römer um die Zeitwende dann den Wein gebracht.
Seit knapp zwei Jahrtausenden wird seither auch in Deutschland Wein angebaut. Weil die Moselaner sich nach „trierischem Brauch“ (heute Komasaufen) den Wein selbst hinter die Binde schütten mußten - wegen der schlechten Qualität mochte ihn damals kein anderer trinken -, hat sich zu seiner Zeit schon Karl Marx über die sozioökonomische Situation der Moselwinzer ernsthafte Gedanken gemacht. Dabei steht im Trierer Universitätssiegel: „In Trier führt Gott die Gaben der Weisheit zur Vollendung“. Denn Weinbau kann durchaus zu Reichtum, Genuß und Lebensfreude führen, was Kirche und Wissenschaft früh erkannt haben. Genossen wir in heiterer Herrenrunde doch jüngst einen nach dem Erscheinungsbild satten, purpurfarbenen, glanzhellen, sauberen, dazu geschmacklich entgegenkommenden, trockenen Rotwein, der nicht übermäßig tanninbetont, fruchtig weich und  körperreich die Zunge zwischen Gaumen und Wangen umspielte und erfuhren, daß es sich um Wein der Universität Freiburg handelte, die seit ihrer Gründung 1457 landwirtschaftliche Flächen bearbeitet und Weinbau betreibt. Die damals nach Wien zweitgrößte Universität Österreichs bezahlte ihre Professoren über ca. 350 Jahre mit Vieh und Wein. Erst als 1806 die ehemals habsburgisch-österreichische Universität badisch wurde, erhielten die Professoren ein vom landwirtschaftlichen Ertrag unabhängiges Gehalt als Staatsbeamte. Der Universitätsweinbau in Freiburg wurde vor einigen Jahrzehnten auf der Grundlage einer Stiftung erfolgreich wiederbelebt und inzwischen wurden einige Weine sogar prämiert. Ja, wer in Freiburg studiert, hat es gut: Studieren, aber auch Wein kaufen und saufen. Schließlich kommt jede verkaufte und getrunkene Flasche Wein den Studierenden der Universität zu Gute.


Freiburger Lorettoberg - Foto © Karl-Heinz Krauskopf

Studierende der Bergischen Universität in Wuppertal wollen Semester für Semester zu Beginn des Studiums neben der Universität auch Kneipen im Tal kennenlernen und sind als Erstis-Horden mit Bierflaschen in der Stadt hör- und sichtbar tagelang unterwegs. Muß es denn immer Bier sein? Der Klimawandel könnte die Idee eines Universitätsweins für die Bergische Universität fördern. Bei den aktuellen klimatischen Bedingungen mit zunehmenden CO2-Gehalt der Atmosphäre und steigenden Temperaturen sollte der Weinbau hier unbedingt begonnen und nachhaltig betrieben werden, gibt es doch nicht erst seit jetzt schon weiter nördlich an Saale und Unstrut bereits trinkbaren Wein. An den windgeschützten Hängen des Bergischen Landes mit seinen schieferhaltigen Böden in der Herzkamper Mulde und Kalkböden im Westen der Stadt warten bei steigenden Temperaturen Grauburgunder, Scheurebe, Riesling und Regent wie die Erstsemester auf ihre Kultivierung und werden herrlich gedeihen. Auf Weinbauversuche in Langerfeld („Langerfelder Fratzenschneider“), Ronsdorf mit dem weißen „Solaris“ und dem roten „Regent“ sowie in Dönberg könnte zurückgegriffen werden. Joseph Schumpeter hätte gegen ein Wagniskapital für den Startup eines Weingutes im Tal sicher keine prinzipiellen Einwände. Im Gegenteil! Der positive Einfluß des Weinbaus auf Wirtschaft, Kunst, Medizin, Religion und Politik wird dem bergischen Menschen wie den Erstis gut tun, und die Universität könnte beweisen, daß Gott im Tal und an den Hängen der Wupper nicht nur die Gaben der Weisheit wie in Trier, sondern auch die der Natur zur Vollendung führt.  
 

Wuppertal, Untere Bergerheide - Foto © Karl-Heinz Krauskopf

Fotos: Karl-Heinz Krauskopf - Redaktion: Frank Becker