„Alle Kinder werden erwachsen – außer einem.“

Peter Pan in einer Fassung des Theater der jungen Welt Leipzig

von Frank Becker

Benjamin Vinnen ist Peter Pan - Foto © Tom Schulze

„Alle Kinder werden erwachsen – außer einem.“

Peter Pan in einer Fassung des
Theater der jungen Welt Leipzig

Kindertheater mit Musik nach James M. Barrie in einer Bearbeitung von Ulrich Zaum

Regie: Jürgen Zielinski – Bühne: Martina Schulle - Kostüme: Doreen Winkler - Komposition: Michael Rodach
Besetzung: Peter Pan: Benjamin Vinnen – Wendy: Anna-Lena Zühlke – Tinkerbell: Julia Sontag – Käpt´n Hook / Mutter: Sonia Abril Romero – Smee / Vater / Indianer: Sven Reese – Tootels / Peters Schatten: Martin Klemm

Der Stoff ist seit jeher einer aus dem Reich der sehnsuchtsvollen Phantasie – ursprünglich für Erwachsene geschrieben, doch ist er letztlich ein unsterblicher Klassiker für Jung und Alt geworden. Denn es ist ja nicht nur die Geschichte von dem Jungen, der nie erwachsen werden will und sich in eine irreale Welt von Träumen flüchtet, es ist zugleich die des Mädchens, das endlich von der Welt der Erwachsenen anerkannt werden möchte. Gleichermaßen ist es nicht weniger als der zeitlose Traum ewiger Jugend, den die vom Leben gebeutelten Erwachsenen im Herzen tragen, und es ist die sich ewig wiederholende Sehnsucht der Kinder, nicht schnell genug groß werden zu können, am Leben der „Großen“ teilzunehmen. 1904 schrieb J.M. Barrie den Allzeit-Klassiker „Peter Pan, or The Boy Who Wouldn’t Grow Up“, der seither die Phantasie aller Generationen zu beflügeln wußte. 
Daß der Name „Neverland“ einmal durch die unerfüllt gebliebenen Kindheitsträume eines Weltstars dramatisch belastet war, ist den kommenden Generationen und der, die jetzt im Peter- und Wendy-Alter ist, zum Glück nicht mehr bewußt. Der damalige Konflikt, der mit dem tragischen Tod des Stars endete, der nie ein Kind sein durfte, offenbart aber die psychologische Größe und Tiefe des Problems versagter Wärme und Liebe sowie eines funktionierenden Elternhauses, was J.M. Barrie bereits vor rund 120 Jahren erkannt und in „Peter Pan“ großartig umgesetzt hat.

In einer zwangsläufig personell etwas geschrumpften Fassung brachte das Theater der jungen Welt Leipzig in Jürgen Zielinskis Regie die Geschichte um den ewigen Jungen Peter Pan von der Insel Nimmerland, seine Begleiterin, die Fee Tinkerbell, das Mädchen Wendy und die verlorenen Jungs, den schurkigen Käpt´n Hook und seinen Adlatus Smee im nahezu ausverkauften Saal des wunderschönen Remscheider Teo Otto Theaters auf die geschickt ausgestattete Bühne, auf der aus Wendys Schlafzimmer vor den Augen der jugendlichen Zuschauer ab 6 Jahren im Handumdrehen und Lichtwechsel der Himmel über dem Meer, das Nimmerland oder die Piraten-Höhle wird. Wer von Disney´s berühmtem und genialen Zeichentrickfilm (1953) vorbelastet in diese Vorstellung des
Theaters der jungen Welt Leipzig kam, fand sich im Handumdrehen davon gelöst und vom zauberhaften Bühnengeschehen gefangen.


Ein Kuß? Was ist das? - v.l. Julia Sontag, Anna-Lena Zühlke, Benjamin Vinnen
Foto © Tom Schulze

Man erlebt, wie Wendy (Anna-Lena Zühlke) Peter (Benjamin Vinnen) seinen widerspenstigen Schatten annäht, dann mit ihm per Feenstaub ins Nimmerland fliegt, wie die vernaschte Tinkerbell (Julia Sontag) eifersüchtig zickt und intrigiert, und wie schließlich Hook (Sonia Abril Romero) erst Peter im Fechtkampf und schließlich dem tickenden Krokodil unterliegt. Das hat lustige und spannende Momente, gut für die Kinder aufbereitet, die hörbar teilnahmen – was ein Kompliment für die Akteure ist. Kinder vergessen zu machen, daß es nur Theater ist, ihre Phantasie anzuregen, sie mitzunehmen wie Peter Wendy, ist das Ziel einer solchen Aufführung. Das ist gelungen. Vielleicht sind zwei Stunden inkl. Pause etwas zu lang, um die Aufmerksamkeit der Kleinen auf Dauer zu fesseln. Und vielleicht reißt eine lange Pause die Kinder aus den Träumen. Aber unterhaltsam, auch für den „alten“ Rezensenten war es allemal.
 
Informationen: www.tdjw.de