Dung chen

Deep Schrott – „The Dark Side of Deep Schrott Vol. 3 – Drones & Spirals“

von Frank Becker

Dung chen
 
„Drones & Spirals“ - Ein neues Doppel-Album von Deep Schrott
Gewaltiger Abschluß der ‚Dark Side Trilogie
 
Es beginnt mit dem Himmel zugewandten Klängen, wie sie von Tibetanischen Mönchen in den höchsten bewohnten Regionen der Erde, quasi auf der Schwelle zum Himmel mit ihren bronzenen Dung chen zu den Göttern geschickt werden. Mit „Black Lore“ und ihren Baß-Saxophonen öffnen Wollie Kaiser, Andreas Kaling, Jan Klare und Dirk Raulf für 14:28 erhebende, meditative Klangwelten. Gewaltig. Doch schon beim Tomasz Stanko gewidmeten „Epitaph“ lernt man die zarte, ja zärtliche Seite (ja die gibt es!) dieser vier wuchtigen Baß-Saxophone kennen. Es ist ein Moment bewegender stiller Trauer am Grab eines Freundes. Auch „Revillusons“ ist einem Kollegen gewidmet, dem Musiker, Sänger und Komponisten Scott Walker („The Sun ain't gonna shine anymore“).
Mit insgesamt acht epischen Titeln beschließen Deep Schrott ihre hier begeistert aufgenommene und schon entsprechend vorgestellte Trilogie „The Dark Side“. Da paßt „The Long Goodbye“ mit 16:35 und warmen, weichen Tönen als melancholischer Schlußtitel der ersten CD ganz wunderbar.
Ätherisch diesmal den Sternen zugewandt eröffnet CD 2 den Reigen mit „Saturn“, einer Reverenz an Gustav Holst und seine Suite „Die Planeten“ op. 32 in einer dramatischen Perfomance. Bleiben wir mit „Lunar“ und der Schwärze der Endlosigkeit noch ein wenig im All, abgelöst von dem sagenhaften „Hyperborea“, das wir nach Herodot am nordöstlichsten Ende der bekannten Welt verorten. Ein Gefühl der Winzigkeit vor der wie das All endlosen Größe der Meere vermittelt „Mare“, bevor „Requiem for Johannsson“ noch einmal der Erinnerung an einen geschätzten Kollegen Raum gibt. Ein wunderbares Album, das abermals unser Prädikat, den Musenkuß redlich verdient hat. Eine dringende Empfehlung der Musenblätter!
 
Weil ich finde, daß Sie auch lesen können sollten, was Deep Schrott selbst zu ihrem Doppel-Album sagen, hier der ein wenig gekürzte Pressetext des Labels POISE:
Weil wir unverdrossen einfach immer weiter machen, haben wir uns (und Ihnen) in diesem Fall einfach eine Doppel-CD bzw. ein gut 90 Minuten langes Album gegönnt. DEEP SCHROTT ist -jedenfalls sieht es die Band selbst so - ein Wagnis eingegangen. „Drones & Spirals“ entfernt sich von den musikalischen Gefilden, für die DEEP SCHROTT in erster Linie gestanden hat, und versucht etwas radikal Neues. Es gibt auf diesem Album keine Bearbeitungen von Rock- oder Metal-Klassikern, für die DEEP SCHROTT bekannt ist. Die einzige Bearbeitung (von Jan Klare) widmet sich „Saturn“ aus der legendären Planeten-Suite von Gustav Holst (1874-1934).
Die neuen Kompositionen von Dirk Raulf und Andreas Kaling stehen eher Genres wie Drone Doom, Dark Ambient, Minimal Music oder der sog. „Neuen Einfachheit“ nahe, arbeiten mit Frequenzüberlagerungen, Tonschichtungen, Mikrotonalität, repetitiven Strukturen. „Drones & Spirals“' bedeutet Stücke von bis zu 17 Minuten Länge, kollektiven Einsatz von circular breathing, Konzentration und Komtemplation. Raulf hat vier verstorbenen Kollegen Kompositionen gewidmet: dem isländischen Komponisten und Elektroniker Jóhann Jóhannsson (1969-2018), dem polnischen Trompetengenie Tomasz Stanko (1942–2018), dem langjährigen Weggefährten, Produzenten und Freund Tim Buktu (1958-2011) und dem großen Scott Walker (1943-2019). DEEP SCHROTT widmet sich als nach wie vor einziges Baß-Saxophon-Quartett der Welt per se immer schon unerforschtem Klang-Territorium. Die Hinwendung zu Soundscapes, extrem langsamen Tempi, formatsprengenden Dauern und endlos scheinenden Wiederholungen ist ein weiterer Rechercheschritt, auch in Hinblick auf die Möglichkeiten dieser Besetzung.
 
Deep Schrott – „The Dark Side of Deep Schrott Vol. 3 – Drones & Spirals“
© 2019 POISE
Wollie Kaiser, Andreas Kaling, Jan Klare, Dirk Raulf (Baß-Saxophon)
CD 1:  1. Black Lore – 2. Epitaph fot Stanko – 3. Revillusons (for Scott) – 4. The Long Goodbye (insgesamt 45:29)
CD2:  1. Saturn – 2. Lunar – 3. Hyperborea – 4. Mare – 5. Requiem for Johannsson (insgesamt 45:49)
 
Offiziell vorgestellt („release concerts“) wird das Album beim POISE-Festival am 6. und 7. Dezember im Kunsthaus Rhenania in Köln. Ab Januar gehen Deep Schrott auf Tournee, die bisher bekannten Termine finden auf den Webseiten.
Weitere Informationen: www.poise.de  -  www.deepschrott.de