Die gute alte Traumfabrik

„Ibiza - Ein Urlaub mit Folgen“ von Arnaud Lemort

von Renate Wagner

Ibiza – Ein Urlaub mit Folgen
(Frankreich, Belgien – 2019)

Regie: Arnaud Lemort
Mit: Christian Clavier, Mathilde Seigner, Leopold Buchsbaum, Pili Groyne u.a.
 
Kein Österreicher wird das Wort „Ibiza“ in den Mund nehmen können, ohne innerlich oder auch äußerlich in höhnisches Lächeln / Lachen (je nach Temperament und politischer Couleur) auszubrechen. Täuschen wir uns nicht: Für den Rest der Welt ist Ibiza immer noch die klassische spanische Ferieninsel, vorwiegend für junge Leute, mit dem Motto „Party ab!“
Darum wollen auch Julien (Leopold Buchsbaum) und Manon (Pili Groyne) der Teenager-Nachwuchs von Carole (Mathilde Seigner), unbedingt dorthin. Und Mama gibt nach. So alt ist sie schließlich noch nicht, daß sie sich nicht daran erinnerte, wie das war, als es mit Alkohol, Drogen und Sex so richtig abging… weshalb sie dort gleich ein paar Alt-Hippies aus ihrer Zeit trifft.
Aber die jugendliche Maman hat noch jemanden in ihrem Leben und folglich im Ferien-Schlepptau – Philippe, den nicht mehr ganz jungen und auch nicht wirklich ansehnlichen Zahnarzt, der gerne bei ihren Kindern landen will, um sich in die Familie einzugliedern. So richtig akzeptiert wird der Oldie, den sie „Shrek“ nennen, ja nicht. Und freundlich sind die jugendlichen Herrschaften auch nicht zu ihm – eigentlich so ekelhaft pappig, wie man es ihrer Generation nachsagt. Kopf tief im Smartphone vergraben.
Also hat es Philippe nicht so leicht, in Ibiza mitzuhalten, zumal er alle mit ein paar moralischen Forderungen regelrecht anödet. Hinter der unternehmungslustigen Jugend her zu sein, läßt ihn immer „zernepfter“ aussehen, aber er ist rührend in seinen Versuchen, „a good sport“ zu sein. Wenn dann alle bei einer überdrehten Bio-Familie landen, wo der Sohn des Hauses fälschlich sein Herz verloren hat, sind alle gänzlich einig… und der Film fährt problemlos die komplett harmonisierende Schiene ein, für die sich die Franzosen (was waren das einst für Filmemacher!) schon seit langem entschieden haben.
 
Die von Regisseur Arnaud Lemort geschickt geführte Komödie ist ein Film für Christian Clavier, mittlerweile ein End-Sechziger, aber auf der Leinwand ein strahlender Charismatiker. Nein, an den drahtigen, quirligen Asterix von einst erinnert nichts mehr, auch nicht an den Napoleon in der Fernsehserie. Er ist mittlerweile der Inbegriff von Monsieur Claude, dem saturierten französischen Großbürger, dessen Töchter ihm so viele Sorgen wie bunt farbige Schwiegersöhne bescheren.
Aber Monsieur Claude hat sich immer als lernfähig erwiesen, und das soll auch dieser Film wieder zeigen, wo Claude halt Philippe heißt. Abgesehen davon, daß die scheinbar so störrische Jugend nach und nach ganz zutraulich wird, lernt auch der ältere Mann die Dinge etwas weniger starr zu beurteilen. Das ist mehr vorbildhaft als lebensecht, aber wer sagt denn, daß die gute, alte Traumfabrik ausgedient hat?
Man unterhalte sich also mit der Familie in Ibiza (oft froh, daß man nicht selbst in dem Menschengewühl steckt und die wilde Hektik am eigenen Leib erleben muß), und wer keine zu großen Anforderungen stellt… es gibt auch anderes als falsche Oligarchen-Nichten auf dieser Ferieninsel.
 
 
Renate Wagner