Ab auf die Insel(n)!

Judith Schalansky – „Taschenatlas der abgelegenen Inseln. Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde“

von Frank Becker

Ab auf die Insel(n)!
 
Es ist seit jeher der sprichwörtlich letzte Rückzug für den überforderten, gestressten Menschen: die Insel. Der romantische Traum von der Südsee, von Sansibar, Naxos oder auch nur einer Hallig in der Nordsee hat schon so manch einen Zivilisations-Flüchtling auf der Suche nach Ruhe und relativer Einsamkeit übers Meer geführt – und viele recht bald ernüchtert wieder zurück in die Heimat. Paul Gauguin hielt es nicht auf Tahiti und George Sand und Frederic Chopin verließen das gepriesene Mallorca schon nach 98 Tagen. Absolut kein Paradies war Más a Tierra für Alexander Selkirk, nach dessen Schicksal Daniel Defoe den Roman „Robinson Crusoe“ schrieb.

Die Entdeckung und Kartographierung von neuen Inseln gehörte quasi zum Tagesgeschäft der Seefahrt, bevor auch der allerletzte Winkel der Erde mit Hilfe der Satelliten-Technik vermessen war. An solche entlegene Flecken auf dem Globus zu gelangen wie z.B. die Bouvetinsel, Taongi, die Rudolf-Insel oder Einsamkeit ist bis heute ein Unterfangen, das der Schwierigkeit wegen nur wenige angehen. 50 solcher abgelegener, gottvergessener Inseln hat die Kunsthistorikerin Judith Schalansky 2009 zu einem Atlas mit dem beredten Untertitel „Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde“ zusammengestellt, der zu Recht 2009 von der Stiftung Buchkunst prämiert wurde. Darin stellt sie jede der Inseln mit einer maßstabsgerechten Karte, einer geographischen Beschreibung und mit einem griffigen historisch-literarischen Text vor.
 
Der Fischer Verlag hat das zunächst im Großformat im Mare Verlag erschienene Buch auf ein handliches Taschenformat von 11,5 x 16,5 cm gebracht und schreibt dazu: „Daß es immer noch Orte gibt, die schwer zu erreichen sind, erscheint uns heute nicht mehr vorstellbar. Judith Schalansky aber hat sie gesammelt: fünfzig entlegene Inseln, die in jeder Hinsicht weit entfernt sind, entfernt vom Festland, von Menschen, von Flughäfen und Reisekatalogen, von »Tristan da Cunha« bis zum »Clipperton-Atoll«, von der Weihnachts- bis zur Osterinsel.“
Das Buch lädt zum Schmökern ein und entwickelt dabei eine unerhörte Sogwirkung, weckt Sehnsüchte und Abenteuerlust. Aber es ist wohl so, daß man wie die Autorin dort wohl nie sein wird. Reisen wir also mit ihr und ihrem brillanten Buch im Kopf. Damit wollen wir uns bescheiden. Von den Musenblättern mit unserem Prädikat, dem Musenkuß belohnt.
 
Judith Schalansky – „Taschenatlas der abgelegenen Inseln. Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde“
© Fischer Taschenbuch, 6. Auflage 2017, 240 Seiten, flexibler Festeinband, mit 50 maßstabsgerechten Karten 1:200.000 im Text und zwei Übersichtskarten in den Vorsätzen – ISBN: 978-3-5596-19012-6
16,- €
Weitere Informationen: www.fischerverlage.de