Am 22. Januar vor 75 Jahren starb die Dichterin Else Lasker-Schüler

Mit Veranstaltungen wird unter anderem in Wuppertal, Berlin und Brüssel an die in Palästina beerdigte Künstlerin erinnert

von Andreas Rehnolt

Jankel Adler, Else Lasker-Schüler - Foto © Frank Becker
Am 22. Januar vor 75 Jahren
starb die Dichterin Else Lasker-Schüler
 
Mit Veranstaltungen wird unter anderem in Wuppertal, Berlin
und Brüssel an die in Palästina beerdigte Künstlerin erinnert
 
Von Andreas Rehnolt
 
Ich habe zu Hause ein blaues Klavier - Und kenne doch keine Note. Es steht im Dunkel der Kellertür - Seitdem die Welt verrohte...“. So heißt es in einem Gedicht der in Wuppertal-Elberfeld geborenen Lyrikerin Else Lasker Schüler, die am 22. Januar 1945 im Alter von 75 Jahren in Palästina gestorben ist und dort beerdigt wurde. Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal erinnert noch bis zum 16. Februar mit der Ausstellung „Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde“ an die Künstlerin.
Die Schau folgt dem Lebensweg von Lasker-Schüler von ihrer Heimatstadt über Berlin und die Schweiz, wohin sie vor den Nationalsozialisten flüchtete, bis hin nach Palästina und geht unter anderem den künstlerischen Verbindungen der Dichterin nach. Dazu gehörten unter anderem Künstler wie Oskar Kokoschka, Franz Marc, August Macke, Paul Klee, George Grosz, Otto Dix, Jankel Adler oder auch der Kunsthändler Alfred Flechtheim und der Verleger Paul Cassirer. Dabei zeigt die Ausstellung neben Texten auch viele ihrer farbigen Zeichnungen.
 
Am 21. Januar findet in der Bergischen Universität Wuppertal um 16.00 Uhr eine Vorlesung unter dem Titel „Mit meiner Heimat will ich wandern“ zum Werk von Lasker-Schüler statt. Einen Tag später gibt es in der belgischen Metropole Brüssel in der Vertretung des Landes NRW bei der Europäischen Union eine Lyrikveranstaltung unter dem Titel „Hebräische Balladen“ in Erinnerung an die Dichterin, die vor genau 75 Jahren in Jerusalem verstarb.
In Berlin findet am 22. Januar aus Anlaß des 75. Todestages der Dichterin am U-Bahnhof Nollendorfplatz ab 14 Uhr ein zweistündiger literarischer Spaziergang unter dem Motto „Life was a Cabaret?“ statt. „Im Schöneberger Nachtleben der 1920er Jahre begegneten sich Intellektuelle, Bohemiens und Strichjungen; überbordende Dekadenz, während draußen bereits die SA marschierte. Neben Klaus Mann, Gottfried Benn und Erwin Piscator lebte und arbeitete auch Else Lasker-Schüler dort.
 
Die am 11. Februar 1869 als Tochter eines jüdischen Bankiers in Wuppertal-Elberfeld geborene Lasker-Schüler galt und gilt als außergewöhnliche und sicherlich exzentrische Dichterin. Die Autorin der avantgardistischen Moderne und des Expressionismus ist zudem eine der schillerndsten Figuren der deutschen Literaturgeschichte. Sie nannte sich „Tino von Bagdad“, „Liebling des Pharaos“ oder auch „Dichterin von Arabien“. Bis zu ihrem Lebensende blieb sie zudem „Prinz Jussuf von Theben“.
Unter anderem erinnern auch ein Else Lasker-Schüler-Dramatikerpreis sowie ein nach der Künstlerin benannter Lyrikpreis an Lasker-Schüler, die vor dem Schreiben zunächst die Malerei für sich entdeckt hatte. In Berlin lernte sie über ihren Kunstlehrer Simon Goldberg auch andere Künstler kennen, die sie in die „Neue Gemeinschaft“ mitnahmen, einen Szenetreff von überwiegend exzentrischen Malern, Musikern und Schriftstellern, wo sie sich wohlfühlte. 
 
Ihr 1902 veröffentlichter Gedichtband mit dem Titel „Styx“ fiel bei der Kritik durch. Zwei Ehen scheiterten. Mit Gottfried Benn (1886-1956) lernte sie um das Jahr 1912 einen verläßlichen Freund und Autor kennen. Wenige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs beschwor Lasker-Schüler in ihren Gedichten und Zeichnungen immer wieder den Orient als märchenhafte Gegenwelt. 
In schrille Gewänder gekleidet, begleitet von Flöten, Trommeln und Rasseln, deklamierte sie ihre Gedichte auf den angesagten Bühnen Berlins. 1912 erschien mit dem Titel „Mein Herz“ ein Liebesroman Lasker-Schülers. Ein Jahr drauf dann „Hebräische Balladen“, danach weitere Bücher wie „Der Malik“ im Jahr 1919. In diesem Jahr wurde auch ihr 1909 entstandenes Drama „Die Wupper“ im Deutschen Theater Berlin erfolgreich uraufgeführt.
Noch im selben Jahr begann der Verlag Paul Cassirer mit einer 10bändigen Gesamtausgabe der Gedichte und Prosatexte von Lasker-Schüler. Und 1932 erhielt sie für ihr Werk „Arthur Aronymus“ über die brüchige Beziehung zwischen Juden und Christen den angesehenen Kleistpreis. Erfolg und Anerkennung waren nach Jahrzehnten endlich da.
 
Doch mit Hitlers Amtsantritt als Reichskanzler im Jahre 1933 änderte sich schon wenig später alles für Else Lasker-Schüler. Die jüdische Dichterin emigrierte vor den Nationalsozialisten zunächst in die Schweiz, im April 1939 siedelte sie nach Palästina über, wo die mittellose und vereinsamte Künstlerin auch keine Heimat fand. 1943 veröffentlicht sie in Jerusalem ihren letzten, vielleicht schönsten Gedichtband mit dem Titel „Mein blaues Klavier“.
Sie schien den Tod da bereits zu ahnen. In einem der Gedichte heißt es: „Ach liebe Engel öffnet mir - Ich aß vom bitteren Brote - Mir lebend schon die Himmelstür - Auch wider dem Verbote“. Das Buch widmete sie „Meinen unvergeßlichen Freunden und Freundinnen in den Städten Deutschlands - und denen, die wie ich vertrieben und zerstreut. In Treue!“. Ihr Grab befindet sich auf dem Ölberg in Jerusalem.