„Die Geburt des Lichtes in der Malerei“
Impressionismus bei TASCHEN
Seit Jahren besteht ungebrochenes Interesse eines Riesenpublikums am Impressionismus, jener in Frankreich entstandenen Epoche der Malerei. Deren Protagonisten hatten sich am 27.12.1873 zu einer Genossenschaft von Malern und Bildhauern zusammengeschlossen und am 14.April 1874 in den Räumlichkeiten des Photographen Nadar ihre erste Ausstellung eröffnet, der insgesamt weitere sieben bis 1886 folgend sollten. Die erste Ausstellung hatten sie aus Protest gegen die offizielle Pariser Salonausstellung geplant, deren Jury mit der neuen Malweise offensichtlich nicht recht was anfangen konnte. Immer wieder waren Entscheidungen stark umstritten und hatten bereits in den 60er Jahren zur Gründung des Salon des Refusees, der Abgewiesenen, geführt.
Abnehmendes Interesse an akademischer Salonmalerei hatte schon seit den 30er Jahren im Wald von Fontainebleau bei Barbizon Maler veranlaßt im Freien (plein air) zu malen, was nach der Erfindung der Farbtube 1841 möglich geworden war. Auch Éduoard Manet (1832-1883), der wichtigste Wegbereiter des Impressionismus, hatte sich von der akademischen Malerei abgewandt, seine Themen im Freien wie im Pariser Alltag gefunden und ungeniert seine nackte Olympia, sein „Le déjeuner sur l´herbe“ (1863) - oft übersetzt als „Das Frühstück im Freien“ oder „Mahlzeit im Grünen“ -, die Erschießung Kaiser Maximilians (1867) dem Publikum zugemutet. Er war von den Impressionisten hochgeschätzt. Bei seiner Beerdigung waren u.a. Claude Monet und Edgar Degas als Sargträger dabei. Er wurde zur Leit- und Kultfigur der jüngeren Maler, zum Paten der Monet-Bande, bzw. „der Anführer der Schule der Farbtupfer“, die der Sinneseindruck im Auge des Betrachters interessierte.
Bereits wenige Tage nach der Vernissage 1874 verwendete der Journalist Louis Leroy in seinem Bericht über die Ausstellung den Begriff „Impressionisten“. Claude Monet hatte sein Bild der aufgehenden Sonne über dem Hafen von Le Havre mit den drei schwarzen Booten im Vordergrund „Impression soleil levant“ betitelt. Die Bezeichnung war durchaus herablassend und spöttisch gemeint. Denn Impression bedeutete damals im Französischen nicht nur die Grundierung, also die erste Farbschicht auf der Leinwand, sondern man sprach auch bei einfachen Grundanstrichen, die die Anstreicher z. B. auf Wände von Gebäuden aufbrachten von peinture d´impression. Wenn bis dahin vor allem Zeichnung, Umriß, Perspektive und Kolorierung die Malerei charakterisiert hatte, kam es den neuen Impressionisten darauf an, das zu malen, was sie vor sich sahen und was sie dabei fühlten. Sie lebten von der Wechselwirkung zwischen Licht und Farbe. Die berühmte Serie der Heuschober von Monet zeigt, was Licht bewirkt. Dabei war die Gruppe der Impressionisten nie geeint durch ein gemeinsames Programm. Es gab kein Manifest des Impressionismus. Man war vereint durch den gemeinsamen Kampf gegen die offizielle Salonkunst bzw. um Anerkennung beim Publikum und wurde unterstützt durch Emile Zola, der als bedeutender Kunstkritiker mit spitzer Feder intellektuelle literarische Unterstützung bot.
Monet riet einem Künstler: „vergessen sie die Objekte, die sie vor sich haben…Denken Sie lediglich : hier ist ein kleines blaues Quadrat, hier ein hellrotes Rechteck , hier ein Streifen Gelb, und malen Sie das Ganze genauso, wie sie es sehen, in genau der Farbe und Form, bis es ihren eigenen unbefangenen Eindruck der vor ihnen stehenden Szene wiedergibt“. Erst aus einer gewissen Entfernung betrachtet, verbinden sich die Farbkleckse im Auge zu einem belebten Bild. Ein Teil der Kunstkritik hatte durchaus ihre Schwierigkeiten mit dieser höchst subjektiven, malerischen Deutung der sichtbaren Welt, die in schnellen Strichen mit breitem Pinsel skizzenhaft auf die Leinwand geworfen wurde. 1876 konnte man im Figaro lesen: „Fünf oder sechs Wahnsinnige, darunter eine Frau,…nehmen ein Stück Leinwand, Farbe und Pinsel , werfen auf gut Glück einige Farbkleckse hin und setzen ihren Namen darunter“. Mit ihrem Interesse an Licht, Farbe und subjektivem Sinneseindruck vor allem auch im Freien fehlen bei den Impressionisten weitgehend gesellschaftliche und politische Aspekte, wie sie das Elend in Paris zur Zeit der Kommune 1871 oder soziale Probleme der Industrialisierung durchaus geboten hätten.
In Taschens Kleiner Reihe Kunst sind die zehn großen Impressionisten dargestellt und jetzt in einem dicken preiswerten Band zusammengefaßt worden. Vorzügliche, zahlreiche Abbildungen bieten zusammen mit sachkundigen und informativen Texten auf Hochglanzpapier eine Fülle von Material zum Impressionismus bzw. zu den ausgewählten Impressionisten: Paul Cézanne, Edgar Degas, Paul Gauguin, Edouard Manet, Claude Monet, Auguste Renoir, Thédore Rousseau, Georges Seurat, Henri de Toulouse-Lautrec und Vincent van Gogh.
Eine Fundgrube, ein Who is Who der Epoche, wenn auch Camille Corot, Camille Pissarro, Paul Signac und Alfred Sisley nicht aufgenommen wurden.
Kleine Reihe Kunst: Ten in One – Impressionismus – Die Geburt des Lichtes in der Malerei.
© 2019 TASCHEN GmbH, 1004 Seiten, Gebunden, 16,9 x 21 x 7,5cm, 2,74 kg - Ausgabe: Deutsch ISBN 978-3-8365-7877-6
30,-€
Weitere Informationen: www.taschen.com
Redaktion: Frank Becker
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