Hans von Marées

Eine Werkschau im Von der Heydt-Museum Wuppertal

von Johannes Vesper

Hans von Marées


Ausstellung im von der Heydt-Museum Wuppertal

 

Berlin, München Neapel und Wuppertal: das sind die wichtigen Städte im Leben des Hans Reinhard von Marées, diesem bedeutenden deutschen Maler des 19. Jahrhunderts. In der kürzlich eröffneten Ausstellung des Wuppertaler von der Heydt-Museums werden 70 Gemälde des Sohnes der Stadt  aus der eigenen Sammlung, aus der Berliner Alten Nationalgalerie, aus der Neuen Pinakothek München  aber auch


Ausstellung Von der Heydt-Museum - Raum mit den "Ruderern"
Foto © Frank Becker
aus der Hamburger Kunsthalle, aus Dresden, Karlsruhe, Mannheim, aus Leipzig, Winterthur und Wien gezeigt. Es handelt sich um die 4. Marees-Ausstellung in Wuppertal nach der Retrospektive 1904, der Ausstellung 1952 und der Ausstellung seiner Zeichnungen im Barmer „Haus der Jugend“ 1987. Das Wuppertaler Museum selbst erhielt im Laufe der Jahre 22 Bilder und 41 Zeichnungen des Malers. In München (Neue Pinakothek), Berlin (Staatliche Gemäldegalerie) und Wuppertal befinden sich seine Hauptwerke. Und natürlich in Neapel, wo der Maler seinen einzigen großen, für die Öffentlichkeit bestimmten Auftrag ausgeführt hat: die Ausgestaltung der damals dort neu gegründeten Zoologischen Station. Im Zusammenhang  damit entstand die Ausschnitts-Studie „Die Ruderer“, vielleicht Marées´ berühmtestes Werk, welches derzeit auch in der Wuppertaler Ausstellung zu sehen ist.


Umfassende Werkschau


In der aktuellen Ausstellung sind  Soldatenbilder, Porträts, Selbstbildnisse, Landschaftsgemälde und Figurenstudien aus allen Schaffenszeiten zu sehen. Die Figurenstudien und Bilder, nackte Menschen in freier Natur, lassen an Arkadien denken, an eine künstliche Gegenwelt zu den realen


Sitzender Mann 1870 - Foto © Frank Becker
gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Zwängen des zu seinen Lebzeiten aufkommenden industriellen Maschinenzeitalters. Marées´ Arkadien ist  zeitlose Naturidylle, Weltflucht, reine Kunst, überhaupt nicht zeitgemäß, auch zu seinen Lebzeiten nicht, ist aber vielleicht eine Vorahnung späterer, ebenfalls inhaltsfreier Malerei: der abstrakten Malerei des 20. Jahrhunderts. Sein Einfluß auf die Malerei des 20. Jahrhunderts ist jedenfalls unbestreitbar.

Hans von Marées wurde am Heiligen Abend 1837 in Elberfeld geboren. In der Hofaue stand sein Elternhaus. Die ersten 10 Jahre seines Lebens verbrachte er dort, bevor der Vater, ein dichtender und literarisch interessierter Richter, an das königlich-preußische Kammergericht nach Koblenz versetzt wurde und die Familie dorthin umzog. Die zeichnerische und malerische Begabung des Sohnes fiel früh auf.




Selbstbewußt und schwierig



An der Berliner Akademie bei dem Pferde- und Militärmaler Karl Steffecks lernte er das Handwerk


Selbstbildnis 1855
Foto © Frank Becker
der Malerei. Aus dieser Zeit stammen Landschaftsbilder, Genrebilder von Pferden, aber auch schon das Selbstbildnis von 1855, welches mit hellem Gesicht, schmalem weißen Kragen und dunkler Jacke vor unbestimmtem Hintergrund einen selbstbewußten jungen Mann zeigt. Unterbrochen von einer kurzen Militärzeit lebte er seit 1857 in München und lernte dort u.a. Franz von Lenbach kennen. Das Münchner Doppelportrait Marees und Lenbach von 1863 aus der Neuen Pinakothek läßt Marées selbst als jungen Intellektuellen in vollem Licht seitlich hinter dem Gesicht Lenbachs erscheinen. Sein Gesicht mit Brille und Kinnbart wird von einem dunklen Hut beschattet. Bei der Entwicklung einer eigenen Malweise profitierte Hans von Marées von  Aufträgen des Grafen von Schack, für den er zwei Jahre lang

Selbstportrait mit Lenbach 1863
Foto © Frank Becker
(1864-1866) in den Museen Italiens alte venezianische und flämische Meister (vor allem auch van Dyck) kopierte, deren Einflüsse man auch in späteren Bildern immer wieder erkennt. Über der Entwicklung eines eigenen Malstils und über seine unsichere Zukunft verzweifelte er nahezu und hatte dann das Glück, in Conrad Fiedler einen Mäzen zu finden, der ihn bis an sein Lebensende unterstützte. Marées galt als hoch gebildet und als schwieriger Mensch. Er selbst hielt sich für „empfindlich und reizbar“, zeigte in seinen Briefen Sympathie für Militarismus, Nationalismus, Antisemitismus und Chauvinismus und machte es seiner Umwelt wie auch seinem Mäzen nicht einfach.





Rätselhaft und unbestimmt


Ende der 1860er Jahre reiste er nach Spanien, Frankreich und in die Niederlande, kehrte zurück


Selbstbildnis mit Hildebrand und Grant 1873
Foto © Frank Becker
nach Berlin und malte Porträts in Dresden. 1873 erhielt er den Auftrag für die Zoologische Station in Neapel, seinen oben erwähnten einzigen öffentlichen Auftrag, den er mit dem jüngeren befreundeten Bildhauer Adolf von Hildebrand gemeinsam ausführte. Die letzten 12 Jahre verbrachte Marées wieder in Rom, wo er 1887 an den Folgen eines Karbunkels starb. Sein Grab befindet sich auf dem stimmungsvollen protestantischen Friedhof in Rom, neben der Cestius-Pyramide im Schatten der Stadtmauer. Das Grabmal stammt von Artur Volkmann.

Das Werk des Malers Hans von Marees bleibt insgesamt rätselhaft und unbestimmt: Einerseits individuelle Portraits sowie martialische Militär- und realistische Landschaftsbilder, andererseits entindividualisierte nackte Menschen in arkadischer Natur. Stilistisch war Hans von Marées Einzelgänger. Böcklin, Anselm Feuerbach und Marées bilden als Deutschrömer keine Künstler-Gruppe im engeren Sinne. Vor dem ersten Weltkrieg galt Marées als Leitfigur einer modernen, deutschen Kunst, die sich unabhängig von Frankreich entwickelt habe. Die titanischen Ruderer, die drei Reiter von 1885 und sein Drachentöter von 1880 paßten zur Ideologie des Kaiserreiches vor dem 1. Weltkrieg. Tatsächlich war er einer der einflußreichsten deutschen Maler des 19. Jahrhunderts.





Zeitkolorit durch ergänzende Exponate 


Zahlreiche Zeichnungen von Hans von Marées ergänzen die Wuppertaler Ausstellung. Die


Attacke - 1860   Foto © Frank Becker
Zeichnungen waren als Entwürfe für Gemälde von großer Bedeutung für den Maler.  Zeichnungen sind „nur für den Künstler selbst da, und allenfalls für diejenigen, die er an seinem inneren Prozesse teilnehmen lassen will“. Als eigenständige Kunstwerke verstand sie der Künstler nicht. Erstaunlich, daß die Arbeitszeichnung zum Fries der Wagenrennen von 1887 (Format 1x5 m!!) in der Wuppertaler Sammlung mit den Jahren verloren ging. Erfreulich, daß sie  wieder aufgefunden wurde, was dem Museum immerhin eine Pressemeldung wert war. Zeitgenössische Photographien, Aktdarstellungen nackter Knaben in freier Natur des Photographen Wilhelm von Gloeden und Ansichten aus Rom und Neapel ergänzen die Ausstellung.

In Wuppertal wird das Werk des Malers derzeit umfassend gezeigt. Im schönen Katalog sind seine Gemälde und Zeichnungen, sowie zeitgenössische Photographien und Skulpturen aus seiner Umgebung in ausgezeichneter Druckqualität wiedergegeben. Essays zu Werk und Wirkung des Malers, zur Bedeutung der alten Malerei für seine Kunst, zur Thematik seiner Werke bieten ausreichend Gelegenheit zur Auseinandersetzung. Die Ausstellung „Hans von Marées“ endet  am 14.09.2008.


Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11.00 - 18.00 Uhr, Donnerstag 11.00 - 20 Uhr


Weitere Informationen unter: www.von-der-heydt-museum.de


Katalog zur Ausstellung „Hans von Marées im Von der Heydt-Museum Wuppertal“(08.06.-14.09.2008), herausgegeben von Gerhard Finckh und Nicole Hartje-Grave.Autoren der Beiträge : Dr. Antje Birthälmer, Prof. Dr. Gerd Blum, Dr. Gerhard Finckh, Dr. Nicole Hartje-Grave, Dr. Annette Niethammer, Dr. Ulrich Pohlmann, Dr. Angelika Wesenberg.303 Seiten.180 Abbildungen (farbig und schwarz-weiß). 25,- €


Redaktion und sämtliche Fotos: Frank Becker