„Davon glaube ich kein Wort!“

Richard Feynman in der Anekdote

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
„Davon glaube ich kein Wort!“
 
Anekdoten und Geschichten aus der Welt der Wissenschaft

 Von Ernst Peter Fischer

Aus einem Elfenbeinturm der Wissenschaft
 
Richard Feynman

Max Delbrück konnte als junger Mann in den frühen 1930er Jahren an den Seminaren teilnehmen, die bei dem oben erwähnten Physiker Max Born in Göttingen stattfanden, der in den 1950er Jahren noch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden ist. Born hatte eine illustre Menge von aufstrebenden jungen Physikern um sich versammelt, die einem Außenstehenden wie „Oddballls“ vorkamen, wie Delbrück das nannte. Sie hockten meist tief in ihren Gedanken versunken in den Büros oder in den Hörsälen und brauchten dringend jemanden, der ihren Alltagskram erledigte. Wenn sich etwa der 1904 in New York geborene J. Robert Oppenheimer zu Wort meldete, hörte man nur ein Nuscheln in der Art eines G-nü-mü, hinter dem Fachleute dann die entscheidenden Angaben einer mathematischen Formel wahrnehmen konnten. In einigen physikalischen Gesetzen kommen – vor allem im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein – Größen vor, die mehrere Dimensionen haben und durch Indizes markiert werden, die dem griechischen Alphabet entnommen sind, υ (nü) und μ (mü) zum Beispiel. Als Oppenheimer in seinem zweiten Leben in Los Alamos das Manhattan Projekt leitete, in dessen Rahmen die amerikanische Atombombe entwickelt wurde, gehörte zu seinen Mitarbeitern der junge Physiker Richard Feynman, von sich viel erzählen läßt, zum Beispiel die Geschichte, die von dem Versuch Feynmans handelt, im US-Bundesstaat North Carolina an einer Konferenz zu der Einsteinschen Theorie teilzunehmen. Nachdem er auf dem Flughafen in North Carolina gelandet war, wollte Feynman mit dem Taxi zur Universität fahren, als der Fahrer ihn fragte, welche er meine. Hier gäbe es zwei Universitäten, eine staatliche in der Stadt Raleigh und eine zweite in Chapel Hill. Nachdem Feynman vergeblich in seinen Unterlagen gewühlt und nichts gefunden hatte, überlegte er kurz und fragte dann den Taxifahrer, ob er schon ein paar Leute vom Flughafen in die Stadt kutschiert hätte und ob ein paar von denen dauernd „G-nü-mü“ gemurmelt hätten. „Stimmt“, antwortete der Fahrer, „da gab es heute Morgen solch eine Gruppe von Leuten, die hektisch mit solchen Lauten aufeinander einredeten.“ „Bringen Sie mich dorthin, wo sie die abgesetzt haben“, bat Feynman, und so schaffte er es, an den richtigen Ort für die Konferenz zur Theorie der Relativität zu kommen.
     Übrigens – Feynman liebte die Show und zeigte seine Überlegenheit gerne in Vorlesungen. So beruhigte er manchmal sein Zuhörer, daß sie für den Fall, daß sie nichts verstehen, solange die Muster seiner Krawatte studieren könnte, wobei hier natürlich nicht erwähnt werden muß, daß er keine trug.
     Feynman verfügte zudem über ungewöhnliche lautmalerische Fähigkeiten und konnte den Eindruck erwecken, etwa perfekt Spanisch oder Russisch zu sprechen, ohne ein einziges Wort in der jeweiligen Sprache in den Mund zu nehmen, was ein Kundiger hätte verstehen können. Eines Tages wollte man ihn auf einer Party verblüffen, als die amerikanische Gastgeberin, die einige Jahre in China gelebt hatte, ihn mit „Ai, choong, ngong jia!“ begrüßte. Feynman zögerte keine Sekunde und antwortete – wohlgemerkt ohne jede Kenntnis des Chinesischen und nur orientiert am Klang der Sprache: „Ah ching, jong jien!“ „Ach du meine Güte“, hörte er dann die Dame sagen, die ihn angesprochen hatte, „ich habe befürchtet, daß das passiert. Ich rede Mandarin und er antwortet im kantonesischen Chinesisch.“
 
 
© Ernst Peter Fischer
Aus: „Davon glaube ich kein Wort!“
Anekdoten und Geschichten aus der Welt der Wissenschaft
 Redaktion: Frank Becker