„Wenn einem soviel Gutes widerfährt…“

Martin Wind – „White Noise“

von Frank Becker

„Wenn einem soviel Gutes widerfährt…“
 
Ein Meisterstück in der Europaliga des Jazz
 
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es eine Fernsehwerbung für einen deutschen Branntwein, die sich tief eingeprägt hat und tatsächlich in aller Munde war – also der Werbespruch, nicht der Branntwein: Mit markanter sonorer Stimme pries ein seriöser grauhaariger Herr das Glück des Tages oder eines Ereignisses mit den Worten: „Wenn einem soviel Gutes widerfährt – das ist schon einen Asbach Uralt wert.“ Der Spruch fiel mir ein, als ich das Glück hatte, das neue Album von Martin wind zu hören: »White Noise«.
 
„In einer Welt, in der Ruhe immer mehr zum Luxus wird, wollte ich einen kleinen akustischen Gegenpol setzen. Eine Art Klangoase, in der sich das Publikum entspannt zurücklehnen und die Musik ungestört auf sich wirken lassen kann“, wird Martin Wind zum Konzept seines gelungenen neuen Albums zitiert, das eine wahre Perle geworden ist, nicht zuletzt durch die Mitwirkung zweier großer Musiker aus der Elite des europäischen Jazz - Philip Catherine (Gitarre) und Ack van Rooyen (Flügelhorn/Trompete).

Die Eröffnung mit Kenny Wheelers „Canter“ und einem beinahe mystischen gestrichenen Kontrabaß-Solo Martin Winds, das in eine sanfte Ebene mit geradezu zärtlicher Gitarre und butterweichem Flügelhorn mündet, ist glänzend und berechtigt zu großen Erwartungen. Die werden in jeglicher Hinsicht erfüllt: Swingend mit Cole Porters „Everything I Love“ und federleichtem Parlando der Gitarre, sacht ätherisch mit Winds Titelstück „White Noise“ und hinreißend mit Philip Catherines Interpretation von Jimmy Van Heusens Klassiker „But Beautiful“ der im Intro humorvoll Buck Rams „Only You“ zitiert. Ein Träumchen ist auch Winds gefühlvoller Titel „The Dream“, dem auf Augenhöhe eine Komposition Ack van Rooyens mit seinem Solo folgt: „Autumn Bugle“. Martin Winds „Genius and a Saint“ folgt der ruhigen Linie, wenn auch etwas bewegter, bevor ein weiterer Klassiker – wieder mit brillantem Intro von Winds Kontrabaß – den gefühlvollen Schluß bildet: „I Fall in Love too Easily“ in dem jedes Instrument noch einmal solistisch virtuos und elegant zu Wort kommt.
Eine genußreiche Dreiviertelstunde mit drei der besten Jazz-Koryphäen Europas, genau richtig zum Entspannen auf höchstem Niveau. „Wenn einem soviel Gutes widerfährt…“: Von uns mit unserem Prädikat, dem Musenkuß ausgezeichnet.

Das Album ist ab 28.08.2020 zu bekommen, und es ist unsere Schallplatte des Monats.
 
Martin Wind – „White Noise“
© 2020 Laika Records
Martin Wind (upright bass) - Philip Catherine (guitar) - Ack van Rooyen (flugelhorn, trumpet)
Titel:
1. Canter (Kenny Wheeler) 06:14 - 2. Everything I Love (Cole Porter) 04:20 - 3. White Noise (Martin Wind) 06:47 - 4. But Beautiful (Jimmy Van Heusen/Johnny Burke) 04:58 - 5. The Dream (Martin Wind) 07:18 - 6. Autumn Bugle (Ack van Rooyen) 05:09 - 7. A Genius and a Saint (Martin Wind) 04:52  - 8. I Fall in Love too Easily (Jule Styne/Sammy Khan) 04:17
Gesamtzeit: 44:12
 
Weitere Informationen:  www.laika-records.com