Klassische Bossa Nova-Aufnahmen
aus den letzten 50 Jahren in einer bunten Edition
Wenn auch der Sommer in diesem Jahr noch etwas bescheiden ausgefallen ist, so gibt es doch ein Element, das uns Sonne und gute Laune in die mitteleuropäischen CD-Spieler und Autoradios bringt: Bossa Nova. Die Musikwelt feiert derzeit mit Inbrunst den 50. Geburtstag dieses Genres, dessen Anfang am Jahr 1958 und der Aufnahme des Titels
"Chega de Saudade" durch João Gilberto festgemacht wird. Die großen Bossa Nova-Interpreten sind längst selbst Musikgeschichte geworden, die Bossa Nova ist als einer der markansten Musik-Stile und in der genialen Verbindung mit dem Jazz in einem unaufhaltsamen Siegeszug um die Erde gegangen. Allein die (unvollständige) Aufzählung von Namen wie Antonio Carlos Jobim, Vinicius de Moraes, Caetano Veloso, Eumir Deodato, Astrud Gilberto, Roberto Menescal, Milton Banana, Walter Wanderley, Milton Nascimento, Sergio Mendes, Tania Maria, Eliane Elias, Rosa Passos, Herbie Mann, Stan Getz, Charlie Byrd, Luiz Bonfa, Baden Powell und Laurindo Almeida ist Musik.
Das Plattenlabel Blue Note feiert die 50 Jahre Bossa Nova ganz besonders intensiv mit einer
umfangreichen Edition von wieder aufgelegten alten Alben der 50er und 60er Jahre, mit neuen Projekten der 2000er und einem phantastischen 3-CD-Tribut an den Bossa-Jazz von den 1960ern bis heute. Das Cover sehen Sie oben. Beginnen wir doch gleich mit dieser Zusammenstellung von 45 Titeln in insgesamt mehr als dreieinhalb Stunden (CD 1: 1:13:40 - CD 2: 1:14:39 - CD 3:1:14:10), die Stars der Jazz-Szene mit ihren großen Bossa Nova-Erfolgen, aber auch raren Titeln versammelt: Nancy Wilson, Cannonball Adderly, Lee Morgan, Kenny Dorham, Grant Green, Ike Quebec, Willie Bobo, Kurt Elling, Joe Henderson, Bud Shank, Donald Byrd, Ron Carter, Chick Corea, Horace Silver, Peggy Lee, Earl Klugh, Blossom Dearie und Hank Mobley sind nur einige von ihnen. Die Original- Aufnahmen von Capitol, Blue Note, EMI, Pacific und Sandra, zu großen Teilen damals in den legendären Rudy van Gelder Studios aufgenommen, sind klanglich einwandfrei aufbereitet und schlüssig zusammengestellt worden. Ein ungetrübtes Vergnügen. Daß das schmale Booklet zu der Box keine Details zu den Besetzungen enthält, kann bei dem günstigen Angebot als läßlich betrachtet werden.
Ein reizvoller, ganz kleiner Abstecher in die "Vor-Bossa-Zeit" ist die Wiederauflage des 1956
eingespielten Odeon-Albums "chá dançante" mit João Donato am Akkordeon und dem Charme der 50er Jahre von der Dauer einer 25 cm-LP, gerade mal 22 Minuten lang und ein rares Bonbon aus der brasilianischen Odeon-Produktion. Auch der große Star an der Hamond B3 aus den 60ern ist mit einem Album vertreten: Walter Wanderley. Mit dem Tenorsaxophonisten Newton Bola, dem Trompeter Felpudo, dem Gitarristen Jacó und einer Percussiongruppe hat er 1963 zwölf Stücke von u.a. A.C. Jobim/Vinicius de Moraes ("Garota de Ipanema"), Baden Powell ("Pra que chorar"), Vinicius de Moraes ("Só danço samba") und Walter Santos ("Samba só") eingespielt, die in 28 Minuten sehr beschwingt Zeitgeschmack und -kolorit vermitteln. Auch am Klavier beweist sich Walter Wanderley, diesmal in der jazzbetonten Formation um den Schlagzeuger Milton Banana. Auch dieses 27-minütige Album mit Originalaufnahmen aus dem Jahr 1965 beginnt mit dem Mädchen von Ipanema und bietet unter seinen 12 Titeln Stücke von Sergio Mendes ("Primitivo"), A.C. Jobim/ Vinicius de Moraes ("Ela é carioca") und João Gilberto ("Minha saudade").
In der Anfangszeit der Bossa Nova geboren schlägt Leila Pinheiro mit dem Album "Agarradinhos" (2007) die Brücke zwischen den Generationen. Gemeinsam mit Altstar Roberto Menescal an der
Gitarre präsentiert sie in 58 Minuten 14 eher leise Stücke, überwiegend aus seiner Feder, aber auch eines, das sie geschrieben hat und solche von A.C. (Tom) Jobim, Carlos Lyra und Johnny Alf. Ebenfalls 2007 wurde von EMI Brasil das elegante, rhythmusbetonte Album "Feriado" des Sängers und Gitarristen Celso Fonseca mit elf Stücken von u.a. Eumir Deodato ("Estrelinha") und wieder A.C. Jobim ("Águas de março"), überwiegend jedoch von Fonseca selbst, publiziert. Hier finden wir die ganze Seele brasilianischer Musik. Ein schönes Album, das brillant an Traditionen anknüpft, aber auch neue Elemente wie HipHop einbindet. Ebenfalls zur Blue Note Jubiläums-Edition gehört das brandneue (2008) Album von Milton Nascimento (Gesang, Gitarre), der gemeinsam mit A.C. Jobims Sohn Paulo Gitarre) und Enkel Daniel (Klavier), dem Schlagzeuger Paulo Braga und dem Bassisten Rodrigo Villa "Novas Bossas" aufgenommen hat, 13 anspruchsvolle Titel, mit denen die Band sich vor dem 1994 gestorbenen A.C. Jobim verneigt. Erst vor wenigen Tagen gastierte das "Jobim Trio" plus in München.