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LesenLesenLesen - Ein neuer Exlibris-Kalender für Bücherfreunde

von Frank Becker

LesenLesenLesen

Ein neuer Exlibris-Kalender für Bücherfreunde

Es ist für einen bestimmten Kreis von Bibliophilen beinahe das höchste Vergnügen, nach dem Erwerb eines vielleicht lange gesuchten Buches darin seinen Besitzvermerk anzubringen. Der eine tut es mit der Füllfeder und seinem schwungvollen Namenszug, ein anderer hat sich einen Stempel schneiden lassen, den er hineindrückt, der dritte besitzt eine Prägezange, mit der er dem Vorsatz oder fliegenden Vorsatz quasi das Brandzeichen einpreßt. Doch da gibt es noch eine weitere Gemeinde von Liebhabern, die nämlich, die ihr Buch mit einem kleinen Kunstwerk schmücken: dem Exlibris. Was es mit diesen individuell gestalteten Einklebeblättchen und der Leidenschaft der Sammler der häufig sehr delikaten Kleingraphiken auf sich hat und wie sie gestaltet sein können, habe ich in den Musenblättern in dem Artikel „Exlibris - eine kleine Leidenschaft“ ansatzweise umrissen.

Da bietet sich der Brückenschlag zu einem schon einige Jahre erscheinenden Kalender an, denn der Exlibris-Kalender „LesenLesenLesen“ aus dem Verlag Herchen + Herchen ist ein Bonbon für Bücherfreunde wie für Exlibris-Sammler. Erstmals für das Jahr 2008 erschien er, ausgewählt und zusammengestellt von Dörthe Emig-Herchen, mit Blättern, die jeweils ein Exlibris zum Stichwort „Lesen“ zeigten.
So auch wieder auf dem neuen Kalender für 2021, der breit gefächert auf 27 Blättern Exlibris zum Thema „Lesen“ zeigt – Druck, Bucherwerb, Besitz und Lektüre. Schon der feine Druck auf leicht chamois abgetöntem 120 g Papier ist ein Genuß für das Auge, und die wenigen farbigen Motive (das Exlibris wird überwiegend in schwarz/weiß oder einfarbig entworfen und gedruckt) sind tadellos wiedergegeben.
 
 
Franz Kaiser für Marco Birnholz, 1933

Auf dem Deckblatt (s.o.) sieht man ein biblisch-erotisches Motiv der Eva unter dem verbotenen Baum, von der listigen Schlange umgarnt, nur daß die verbotene Frucht hier Bücher sind. 1899. als es von Ephraim Moses Lilien für Anselm Hartog entworfen wurde, durchaus ein hochpolitisches Werk, war Bildung doch weitgehend für die Männerwelt reserviert.
Die Rückseite schmückt ein Exlibris, das im Jahr 1933 von Franz Kaiser für Marco Birnholz geschnitten wurde. Es ist vordergründig die Antwort auf die häufig gestellte Frage „Welches Buch würden sie mit auf eine einsame Insel nehmen?“ – alle! Jedoch sind das Jahr und ein Detail des Holzschnitts zu beachten: Ein Wimpel mit den Davistern läßt vermuten, daß Marco Birnholz ein Deutscher jüdischen Glaubens war, der unter dem Druck des Nationalsozialismus seine Heimat verlassen mußte. Ein Drama steckt in der kleinen Graphik.
 
 
Isabella von Mikulicz-Breyer für Dr. Georg Reich

Was das Exlibris so besonders interessant macht, ist die uner­schöpfliche Fülle der Möglichkeiten es zu gestalten. Es gibt keinerlei Grenzen für die Vielfalt der Darstellungen, Motive, Symbole und Ideen. Der beauftragte Künstler wählt Motiv, Schrift und Technik in freier Entscheidung oder nach dem Wunsch des Auf­traggebers und fügt die Elemente sinnvoll und effektiv zusammen. Das Ergebnis soll eine Aussage über den Besitzer machen. Diese Aufgabe ist anspruchsvoll und offensichtlich attraktiv für nahe­zu jeden Künstler. Liest man die Namen von Exlibris-Schaffenden in den Verzeichnissen der Fachliteratur, findet man neben Unbekann­ten die Größten: Albrecht Dürer hat Exlibris ebenso gestaltet wie Marcus Behmer oder Lucas Cranach, Franz Marc findet sich neben Lovis Corinth und Walter Leistikow, Max Slevogt und Max Lieber­mann. Heinrich Vogeler und Otto Ubbelohde haben Exlibris gestal­tet, Alfred Kubin, Daniel Chodowiecki, Franz Stassen, Franz von Bayros und Emil Preetorius taten es ebenfalls. Pablo Picasso, Jean Cocteau und Felix Valloton werden auch gerühmt. Man könnte fortfahren, denn die Namen sind Legion. Neben den großen deutschen betätigen sich im besonderen hervorragende tschechische, polnische, baltische, skandinavische, darunter viele dänische, französische und belgische Künstler auf diesem weiten Feld.
 

Franz von Bayros

Wer mehr über das Thema erfahren möchte findet im Buchhandel eine reiche, wenn auch gelegentlich kostspielige, doch höchst informative Auswahl an Lite­ratur - Standardwerke wurden unter anderem von Richard Braungart, Walter von Zur Westen, Elke Schutt-Kehm, Anneliese Schmitt, Angela und Andreas Hopf und Gernot Blum verfaßt und herausgegeben. Kataloge und Sammelbände mit Themenschwerpunkten zeigen Ausschnitte aus der unübersehbaren Zahl der Exlibris, die das Sammeln auf alle Zeit aufregend bleiben läßt und die von Sammlern mal nach Künstlern, mal nach Motiven zusammengestellt werden. Da gibt es Ärzte-Exlibris, Musik-Exlibris, Akt-Exlibris, erotische und to­pographische Exlibris, Eulen-, Katzen- und Pferde-Exlibris, Jugendstil-Exlibris und vieles, vieles mehr. Da setzt das eine redend den Namen des Eigners graphisch um, das andere ihren Beruf, ein wieder anderes die Leidenschaft des Besitzers.


Mathilde Ade für Dr. H. Ratzendorfer

Das Werk Emil Orliks oder das Max Klingers wird in der Fachliteratur ebenso dokumentiert wie das von Her­mann Huffert, Italo Zetti oder Elfriede Weidenhaus. Der Verlag Claus Wittal in Wiesbaden hat sich neben dem Verlag Klaus Rödel in Frederikshavn/ Dänemark dabei besonders hervorgetan.
Für den Bücherfreund, der die Kosten eines individuellen Kunst­werks für sein Exlibris nicht aufbringen kann, bietet der Handel sogenannte „Universalexlibris“ an, eine Auswahl hübscher vorge­druckter Motive ohne Namenseindruck, der dann nachträglich vorgenommen oder durch handschriftliche Eintragung ersetzt werden kann.
 
 

Nicolaas Johannes Bernardus Bulder für J.J. Schwencke 

Ein hoch­wer­ti­ger, lie­be­voll ge­stal­te­ter Wo­chen­ka­len­der (14-​tä­gig) mit zahl­rei­chen Ex­li­b­ris zum Thema Lesen. Ein kleines Stück Kul­tur­ge­schich­te und: Ein Au­gen­schmaus für alle Bü­cher­freun­de!
 
Lesen Lesen Lesen - Der Ex­li­b­ris-​Ka­len­der für Bü­cher­freun­de 2021
Aus­ge­wählt und zu­sam­men­ge­stellt von Dörthe Emig-​Her­chen
© 2020 Haag + Herchen, 30 Blatt, 18 x 21 cm, Spi­ral­bin­dung, 27 his­to­ri­sche Ex­li­b­ris, s/w und fat­big  -  ISBN: 978-​3-​89846-​866-​4
26,- €
 

Rober Budzinski für Klaus Kappe

Weitere Informationen: www.haagundherchen.de

Artikel zum → Thema Exlibris in den Musenblättern