Dat dat dat darf…

Beethoven in Fakten und mit Humor (6)

von Konrad Beikircher
 
Konrad Beikircher - Foto © Frank Becker
Dat dat dat darf…
 
Beethoven in Fakten
und mit Humor (6)

Von Konrad Beikircher
 
 
„Beethoven war so taub,
daß er sein Leben lang dachte, er malt“
(anonymer englischer Musiker, 19. Jahrhundert)
 

 Finanzen

Jetzt streift sich Ludwig die Ärmelschoner über und fängt an zu pokern: zielsicher, wie es eben ein alter Zocker tut. Vielleicht hat er das als Kind schon in Bonn im „Stiefel“ gelernt, einer Kneipe, die es damals schon gab, neben dem Geburtshaus von Beethoven. Er streut die Geschichte mit Kassel, er sagt sogar in Kassel zu und bringt damit u.a. seinen Freund Ignaz von Gleichenstein dazu, in Wien beim Adel für das Bleiben von Beethoven zu ähnlichen Bedingungen wie die, für die er nach Kassel gegangen wäre, zu baggern, daß es eine Freude ist. Gräfin Erdödy, bei der er zu der Zeit wohnte, scheint auch mitgewirkt zu haben. Man beackerte natürlich auch Beethoven ziemlich heftig. Sehr originell kam ihm der Fürst Kinsky, der war, schrieb Beethoven dem Rechtsanwalt Kanka Jahre später: „einer derjenigen, welche am meisten in mich drangen, den Gehalt von 600 Dukaten in Gold jährlich, den ich in Westphalen erhalten konnte, auszuschlagen, ‚ich sollte doch keine Westphälischen Schinken essen’, sagte er damals, etc.“.
 
Dann kam der „Rentenvertrag zwischen Erzherzog Rudolph, Fürst Ferdinand Kinsky, Fürst Franz Joseph Lobkowitz und Ludwig van Beethoven, Wien, 1. März 1809“:
„Die täglichen Beweise, welche Herr Ludwig van Beethoven von seinen außerordentlichen Talenten und Genie als Tonkünstler und Compositeur gibt, erregen den Wunsch, daß er die größten Erwartungen übertreffe, wozu man durch die bisher gemachte Erfahrung berechtigt ist. Da es aber erwiesen ist, daß nur ein soviel als möglich sorgenfreier Mensch, sich einem Fache allein widmen könne, und diese, vor allen übrigen Beschäftigungen ausschließliche Verwendung allein im Stande sei, grosse, erhabene und die Kunst veredelnde Werke zu erzeugen; so haben Unterzeichnete den Entschluß gefaßt,  Herrn Ludwig van Beethoven in den Stand zu setzen, daß die notwendigen Bedürfnisse ihn in keine Verlegenheit bringen und sein kraftvolles Genie dämmen sollen. Demnach verbinden sie sich ihm die bestimmte Summe von 4000 fl (Gulden) jährlich auszuzahlen und zwar:
Se. Kaiserl Hoheit der Erzherzog Rudolph                              f 1500.
Der Hochgebohrne Fürst von Lobkowitz                                 f  700.
Der Hochgebohrne Fürst Ferdinand von Kinsky                      f 1800.
 
Zusammen:                                                                              f 4000.
 
Welche Herr Ludwig van Beethoven in halbjährigen Raten bei jeden dieser hohen Teilnehmern nach Maassgabe des Betrages gegen Quittung erheben kann.
Auch sind Unterfertigte diesen Jahresgehalt zu erfolgen erbötig bis Herr Ludwig van Beethoven durch eine Anstellung eine der Summe gleiches Äquivalent erhalten würde.
Sollte diese Anstellung unterbleiben und Herr Ludwig van Beethoven durch einen unglücklichen Zufall oder Alter verhindert sein seine Kunst auszuüben, so bewilligen ihm die Herren Teilnehmer diesen Gehalt auf Lebenslang.
Dafür aber verbürgt sich Herr Ludwig van Beethoven, seinen Aufenthalt in Wien, wo die hohen Fertiger dieser Urkunde sich befinden, oder einer anderen in deren Erbländern Sr österreichisch kaiserlichen Majestät liegenden Stadt zu bestimmen, und diesen Aufenthalt nur auf Fristen zu verlassen, welche Geschäfte, oder der Kunst Vorschub leistende Ursachen veranlassen können, wovon aber die Herren Kontribuenten verständiget und mit selben einverstanden sein müssten.
So gegeben Wien den 1. März 1809“
 
Beethoven hat immer spekuliert und kalkuliert. Er hat versucht, Geld locker zu machen „wo’t irjends jeiht“, um das mal rheinisch zu sagen. Er hat sich überlegt, wem er welches Werk widmet, nur ca. 25% seiner Werke hat er freundschaftlich gewidmet, also Freunden, Mädels, Goethe oder so, somit Menschen, von denen er natürlich nichts für die Widmung einer Sonate oder so bekam. Aber 75% (ca.) hat er Fürsten, Kaisern, Königen, Potentaten und Mäzenen gewidmet in der – berechtigten – Hoffnung, dafür Kohle zu bekommen. Manchmal gab es auch Mehrfach-Widmungen bzw. signierte Ausgaben, die er dann verkaufte.
 
Er widmete die „Neunte“ dem Preußenkönig, teilte das dem preußischen Gesandten in Wien, Fürst Hatzfeld zu Trachenberg mit und wartete auf allerhöchsten Bescheid. Der König bedankte sich recht neutral und schrieb, er wolle ihm als Dank einen Brillantring schenken. Der kam dann auch im November beim Ludwig auf, der öffnet das Kästchen, sieht einen Ring mit rötlichem Stein und verkloppt ihn direkt beim Hofjuwelier, noch im Dezember 1826. Dafür bekam er 300 Gulden, damit waren zwar die Herstellungskosten des Widmungsexemplars gedeckt, aber ein „Burenhäutl“ (eine Art Brühwurst, gegessen mit süßem Senf, unbegreiflicherweise eine Wiener Spezialität, vor der ich warnen muß: wenn man an diese Wurst nicht von Klein auf gewohnt ist, bezahlt man den Genuß mit mindestens einer Woche Badaufenthalt!) war schon nicht mehr drin. Ludwig hatte sich da schon was anderes erhofft: den roten Adlerorden zweiter Klasse oder so, und dann schickt der ihm einen Ring Marke „Bijou Brigitte“! Ludwig muß außer sich gewesen sein.
Das obendrein einem, der in Sachen Behandlung des Staates immer korrekt war, Steuer zum Beispiel. Es gibt eine köstliche Steuererklärung von ihm aus dem Jahre 1818:
„Unterzeichneter genießt eine Einnahme von jährl. 1500, und hat außerdem nichts, wovon er Steuern zahlen müsste.
Wien am 15. Jänner
Ludwig van Beethoven“
 
Summa summarum: Beethoven kühmte gerne über seine finanzielle Situation, konnte sich aber ausgezeichnet helfen. Wirklich arm war er nie, er kühmte sozusagen auf hohem Niveau. Er hinterließ, nach dem was wir heute wissen, ein Vermögen von ungefähr (mit Vorsicht zu genießen, weil die Umrechnerei sehr schwierig und immer ungenau ist) 145.000 €. Also nichts ist das nicht, oder?!
 

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 © 2020 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker