Luft raus!

Das Dresdner Kabarett „Die Herkuleskeule“ mit „Licht an!“

von Frank Becker

Luft raus!
 
Das Dresdner Kabarett „Die Herkuleskeule“
schickte zwei Emissäre mit einem Sack
voller Ladenhüter nach Remscheid
 
Remscheid. Wenn man einen Teebeutel zum zweiten Mal in die Tasse hängt, kommt nicht unbedingt ein aromatisches Heißgetränk zustande, lehrt die Lebenserfahrung. Selbst der Versuch, mit wenigen frischen Blättern den Geschmack etwas zu verbessern, muß scheitern, wenn man auch da nicht auf Qualität achtet.
Die Dresdner „Herkuleskeule“, die mit ihrer Vergangenheit als politisches Ensemble-Kabarett wuchert, setzte dem Remscheider Publikum am Freitag solch einen schalen Aufguß vor. Zwei Emissäre waren mit einem Sack voller Ladenhüter aus Elbflorenz entsandt worden, der Provinz die angeblich besten Texte des Herkuleskeulen-Machers Wolfgang Schaller als kabarettistische Delikatessen zu verkaufen. „Aufgepept“ mit billigen Merkel-Witzchen und anderen Humor-Plattitüden kam nicht viel mehr als ein fader Labskaus mit Gähn-Faktor dabei über die Rampe.
 
Rainer Bursche und Michael Frowin, Protagonisten mit Bierbauch und nachlässiger Garderobe, spulten ab, waren dennoch nicht unsympathisch. Vor allem Bursche punktete mit liebenswertem Dresdner Dialekt. „Licht an!“ betitelt flackerten in dem kabarettistischen Brei jedoch nur gelegentlich da Pointen auf, wo man ein Feuerwerk erwarten durfte – in der Hauptsache tapsten die Herren im Dunklen. Ohne Witz die schalen Kalauer über Angela Merkel, die als „Miss Marple der Uckermark“ oder das „Wunder von Templin“ apostrophiert wurde und nachgerade geschmacklos, ihre Physiognomie beim biometrischen Scan mit einem Milzbrandbazillus zu vergleichen. Das ist unwürdig und hat nichts mit Humor zu tun.
Weitgehend humorlos auch die meisten der uralten Witze, mit denen man zwar den einen oder anderen Lacher hervorkitzelte, gleichzeitig aber das Prädikat „Kabarett“ verspielte.
 
Das funktionierte nur an wenigen Stellen, wenn z.B. O-Ton Müntefering zitiert wurde: „Wir tun, was wir können.“ Das ist Kabarett! Ebenso das Kohl-Zitat. „Das Problem der Tretminen läßt sich nur Schritt für Schritt lösen.“ Ein nettes Wortspiel: „Mit Merkel geht ein Rock durch Deutschland“. Die Kritik an Guido Knopps Geschäft mit Nazi-Unterhaltungs-Kitsch, das Mißbehagen angesichts der allgemeinen Verdummung durch Kommerz-TV und der Zorn über die wirtschaftliche wie politische Versklavung der Welt durch ein paar Hundert „Global Player“ hatte etwas Biß, wenn auch spät und zu wenig. Mit den letzten 15 Minuten in etwas besserer Form ließen sich die Versäumnisse der zwei Stunden davor nicht wett machen. Fazit: wenn das ein „Best Of...“ der „Herkuleskeule“ war, möge mich ein wohlwollendes Schicksal vor dem schrecklichen Rest bewahren! Ach, noch einer: „Stoiber klonen geht nicht – das Klonen von Stamm(tisch)zellen ist in Deutschland verboten.“ Gottseidank!
 
Frank Becker, 18.3.06