Wenn einer eine Reise tut…

Antonio Pigafetta – „Die erste Reise um die Welt - An Bord mit Magellan“

von Robert Sernatini

Wenn einer eine Reise tut…
…dann kann er was erzählen
 
…und diese Reise, verehrte Leserin, geschätzter Leser, ist wahrlich eine, die voller berichtenswerter Abenteuer, schrecklicher Tragödien und schier unglaublicher Geschichten steckt.
 
Der wahrscheinlich im bedeutungsträchtigen Jahr 1492 im norditalienischen Vicenza in wohlhabenden Verhältnissen geborene Edelmann Antonio Pigafetta nahm 1519-1522 an der ersten spanischen Expedition zu den geheimnisumwitterten Molukken teil, die unverhofft in die erste historisch belegte Erdumsegelung mündete. In östlicher Richtung waren die Inseln bereits von den konkurrierenden Portugiesen entdeckt und nach dem Vertrag von Tordesillas für sich reklamiert wurden. Dieser Vertrag - man bedenke die Hybris! – teilte den Globus in eine portugiesische und ein spanische Hälfte.
Die asiatische Inselwelt der Molukken war Quelle der so begehrten Gewürze wie Pfeffer, Muskatnuß und vor allem der Gewürznelken, die in Europa mit Gold aufgewogen wurden. Der Handel mit ihnen versprach Reichtum, die Eroberung neuer Territorien Macht. Wer also damals eine so gefahrvolle Reisen unternahm, tat es nicht aus Forschergeist, sondern um des Geldes und des Territorialgewinns wegen. Nur aus diesem Grunde statten Regierungen solche Expeditionen aus. Es war die Zeit der großen Seefahrer wie Christoph Columbus und Vasco da Gama, Amerigo Vespucci und Bartolomeu Diaz, die ihren königlichen Herren die Welt zu Füßen legten.

So wurde auch die Expedition des sich der spanischen Krone andienenden portugiesischen Abenteurers, Asien- und See-erfahrenen Fernão de Magelhães (Ferdinand Magellan) und seines Partners, des Wissenschaftlers Rui Faleiro, der eine neue Methode der Navigation entwickelt hatte ausgestattet. Die beiden schlugen der für die Seeschiffahrt zuständigen kastilischen Casa de la Contración vor, in westlicher Richtung einen Seeweg zu den Gewürzinseln zu finden, um den Anspruch Spaniens auf diese Geldquelle zu belegen und die vergebliche Suche des Christoph Columbus zu einem guten Ende zu bringen. Ihnen schloß sich, mit einigen Empfehlungsschreiben ausgestattet, Antonio Pigafetta an und wurde dem Flaggschiff Magellans, der Trinidad zugeteilt.
 
Mit fünf Schiffen (Naos) und 240 Besatzungsmitgliedern stach Magellan am 20. September 1519 in See, am 6. September 1522 erreichte allein die Victoria unter dem Kommando von Schiffmeister Juan Sebastián Elcano mit nur 18 Mann den Ausgangshafen der Reise in Sanlúcar de Barameda. Vier Schiffe waren samt Besatzung unterwegs durch Schiffbruch, Krankheit, Hunger, Gefangennahme, Meuterei und Desertion verloren worden. Zu den wenigen die auf wundersame Reise überlebten, gehörte Antonio Pigafettea, dessen Tagebuch-Aufzeichnungen erhalten blieben. Auch Generalkapitän Magellan hatte am 27. April 1521 bei einem (unnötigen) Kampf gegen Eingeborene auf der zu den Visayas (Philippinen) gehörenden Insel Matan (1. Bildteil, S. 7) sein Leben verloren, ohne je das erträumte Ziel, die Molukken, gesehen zu haben.
 
Sein wegen der Mischung aus Wahrheit, Fiktion und Plagiat nicht unumstrittener Bericht „Relazione del primo viaggio attorno al mondo“, der nun zum ersten Mal vollständig übersetzt und kommentiert in Buchform vorliegt, ist dennoch das bekannteste und wichtigste literarische Zeugnis dieser dramatischen Expedition. Auf jeden Fall aber sind die mit ihren die Flora und Fauna der Pazifischen Inselwelt und die Begegnungen mit ihren indigenen Völkern
beschreibenden Aufzeichnungen in Pigafettas „Die erste Reise um die Welt“ ein spannender, bunter Reisebericht, wenn auch mit tragischem Verlauf.
Man hatte nach Monaten der Suche und Überwinterung den Seeweg vom Atlantik in den Pazifischen Ozean, die Magellan-Straße gefunden, den Pazifischen Ozean entdeckt und - ein Meilenstein in der Geschichte der Seefahrt, wenn auch kein Ruhmesblatt in der Kolonialgeschichte. Ungeplant hat die Victoria auf westlicher Route die Erde umsegelt, auch für die letzten Skeptiker ein Beweis für die Kugelgestalt der Erde.
 
Pigafettas Tagebuch ist der detaillierteste und lebendigste Bericht, den wir von der ersten Weltumsegelung besitzen, und zugleich eines der schönsten Reisebücher aller Zeiten. Von den Musenblättern sehr empfohlen.
 
Antonio Pigafetta – „Die erste Reise um die Welt - An Bord mit Magellan“
Erstmals vollständig übersetzt und kommentiert von Christian Jostmann
© 2020 Wissenschaftliche Buchgesellschaft / wbg Edition, 238 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, 30 Illustrationen – ISBN: 978-3-534-27217-4
28,00 € / 22,40 € für Mitglieder
Zur Zeit vergriffen, Neuauflage unbestimmt. Bestellungen werden registriert
 
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