Ein fröhliches, entspannendes Erlebnis

„Mein Liebhaber, der Esel und ich“ von Caroline Vignal

von Renate Wagner


Mein Liebhaber, der Esel und ich
(Antoinette dans les Cévennes - Frankreich 2020)

Drehbuch und Regie: Caroline Vignal
Mit: Laure Calamy, Benjamin Lavernhe, Olivia Côte u.a.
 
Das ist die Geschichte einer attraktiven Frau in ihren Dreißigern, die das Pech hat, sich immer in den falschen Mann zu verlieben. Man weiß das, weil sie später ihrem Esel all ihre missglückten Beziehungen aufzählen wird… Und der Esel, er heißt Patrick (französisch ausgesprochen, Patriiiiik!), spielt eine ganz große Rolle in dem Teil ihres Schicksals, das in „Mein Liebhaber, der Esel und ich“ erzählt wird – eine französische Komödie, die es weder allzu sentimental noch gar politisch zu korrekt nimmt, was ja in den letzten Jahren der Trend in Frankreich war.
Filmemacherin Caroline Vignal lächelt nach eigenem Drehbuch und als Gestalterin mit leichter Hand über die Menschen, zumal über die armen Frauen. Antoinette, Lehrerin, ist doch gewiß sehr sympathische Zeitgenossin, und Laure Calamy ist zugleich ganz normal und herrlich überspannt. Sie hat Besseres verdient als Vladimir Loubier (Benjamin Lavernhe), der Vater einer ihrer Schülerinnen, den sie vor Verliebtheit gleich auffressen möchte, sobald sie ihn zu sich ins leere Klassenzimmer zerrt. Und eine freie Woche – die verbringen sie doch gemeinsam? Mitnichten.
Nun, man kennt das Schicksal der Geliebten, die Familie geht immer vor. Sorry, aber Vladimir hat Gattin und Tochter versprochen, mit ihnen im Nationalpark der Cevennen zu wandern, in Begleitung eines Esels, der das Gepäck trägt (während die „normalen“ Wanderer es per Rucksack am Rücken schleppen müssen).
Die Trotzreaktion ist begreiflich, aber dumm: Auch unsere Antoinette bucht diese Wanderung. Und man darf dabei sein – und mühelos, fast ein wenig sadistisch und sehr amüsiert im bequemen Kinosessel genießen, wie andere sich in der Natur schinden und plagen…
Es gibt offenbar in den Cervennen einen sehr berühmten Pfad, den 1878 Robert Louis Stevenson gewandert ist (man bekommt das auf einer Raststation erzählt), als er den Kummer über die Trennung von seiner Fanny Osbourne bewältigen wollte. Nun, er hat sie später geheiratet – so viel Glück wird Antoinette nicht haben. Oder ist es nicht vielmehr ein Glück, daß sie diesen Vladimir, der angesichts seiner Gattin so knieweich ist (wie die meisten Männer), nicht bekommt?
 
Diese Wanderungen erfolgen in der Gruppe, abends trifft man sich in der jeweiligen Herberge, und in der Abendessen-Runde wird dann ausgefragt und getratscht: Kurz, „Antoinette auf den Spuren des ungetreuen Geliebten“ ist innerhalb eines Tages eine bekannte Figur bei allen, die da wandern. Sie selbst geht mit ihrem Esel Patrick allein (wenn er sie nicht hinter sich her zerrt), und das sind natürlich die köstlichsten Szenen, so voraussehbar und klischiert sie sein mögen: Aber ein „sturer Esel“ überzeugt eben, und wenn er und Antoinette sich nach und nach anfreunden, daß fast eine Liebesgeschichte daraus wird (und sie sich von ihm gar nicht mehr trennen mag) – da hat man sich als Zuschauer auch schon in das Eselvieh verliebt, das so bockig und so absolut hinreißend ist.
Wie beabsichtigt trifft sie den Geliebten samt Gattin und Tochter, er fremdelt natürlich, hoch peinlich berührt, und Antoinette muß bald eine Erfahrung machen, die auch nicht neu ist: Daß Ehefrauen nämlich nicht blöd sind. Die von Vladmir (Olivia Côte) ist zwar in Gesellschaft unendlich zivilisiert und findet es, mein Gott!, ganz einen wunderbaren Zufall, der Lehrerin der Tochter zu begegnen… aber kaum sind die Damen allein, läßt sie Antoinette wissen, daß sie nicht die Erste und nicht die Letzte und bestimmt nicht die einzige ist, mit der sich Vladimir vergnügt.
Diese hört die Botschaft, zieht ihre Lehren daraus, an Verehrern ist kein Mangel (um eine einsame Frau findet der Tanz der Kavaliere statt, auch wenn die wenigsten ansehnlich sind…) – und schließlich hat sie immer noch ihren Esel.
Man ist hoch zufrieden mit der Geschichte, und die einzige Enttäuschung, wenn man die Gegend der Cervennen nicht kennt, besteht eigentlich darin, daß die Landschaft einem ziemlich fad und gar nicht spektakulär vorkommt – da hat es diesbezüglich schon dramatischere Road-Movies gegeben. Aber die Menschen, die Erlebnisse und nicht zuletzt Patrick erfüllen den Film und machen ihn zu einem fröhlichen, entspannenden Erlebnis.
 
 
Renate Wagner