Schalom - Salam - Friede

Die Weihnachtsgeschichte der Formation Ufermann

von Johannes Vesper

„Ufermann v.l.n.r.: Dieter Nett, Martin Zobel, Erhard Ufermann, Hayat Chaoui, Harald Eller, Jörg Dausend, Thomas Lensing - © Karl-Heinz Krauskopf (Screenshot)

Schalom - Salam - Friede
 
Die Weihnachtsgeschichte der Formation Ufermann
 
Das ist eine alte Geschichte, die Geburt Jesu. Heute würde sie wohl im Bericht des zuständigen Jugendamtes dokumentiert werden als Geburt eines unehelichen, ungewollten Kindes im Futtertrog eines Viehstalls. Bei unklarer Vaterschaft und Obdachlosigkeit wird das Jugendamt flexible Erziehungshilfe empfehlen, womit man in belasteten Situationen hofft, das Recht auf Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung zu sichern. Erhard Ufermann liest die Weihnachtsgeschichte nicht vor dem Altar einer weihnachtlich geschmückten Kirche, sondern an Orten in der Stadt, die die Verhältnisse zeigen, wie sie heute sind. Er liest in der verschmierten und heruntergekommenen Fußgänger-Unterführung des Alten Marktes, auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Unterbarmen, auf der Treppe Tippen-Tappen-Tönchen, im Kulturzentrum Immanuel, auf dem kalten und phantasielosen Spielplatz an der Bergstraße. Der Text stammt von ihm, der als ehemaliger Gefängnispfarrer und auch als Pfarrer an der Citykirche die Rückseite der Gesellschaft mitbekommen hat. Zusammen mit den Musikern seiner Ufermann-Formation und der wunderbaren marokkanischen Sängerin Hayat Chaoui wird diese musikalisch-erzählerische Auseinandersetzung zu einer zeitgenössischen Weihnachtsgeschichte. So hören wir, was aus der Welt wird, wenn Gott menschlich wird, wenn er herunterkommt auf diese Welt und seine Lieder aus Flüchtlingslagern, aus den Hinterhöfen der Armenviertel der Großstädte dringen. Musikinstrumente und Flügelsaiten im Bild werden überblendet und mischen sich mit Musik, wenn die Sängerin zu Beginn „Oh Heiland reiß die Himmel auf“ singt. Zum Choral „Es kommt ein Schiff geladen“ sieht man sie mit Mund-Nasenschutz und von Ferne ein vollbesetztes Flüchtlingsboot übers Meer kommen, dann die Finanzzentren der Welt und das zu Coronazeiten leere Kulturzentrum Immanuel. Wir erfahren, warum die die Weihnachtsgeschichte ihrem Wesen nach eigentlich kein wirtschaftliches „Event“, kein Fest des Konsums, des Reisens, Skifahrens und der Umsätze ist und immer wieder aktuell erzählt gehört. Zu Weihnachten geht es um Schalom, Salam, Frieden, heutzutage Schlüsselworte der Geheimdienste, wenn sie in den sozialen Medien auftauchen. Das gesamte Projekt war als Christmette am Heiligen Abend 2020 geplant und liegt nur als CD vor, da in Folge der Corona-Pandemie Singen, Musik und Gottesdienste gestrichen und abgesagt werden mußten. Musik aber ist ein Lebenselixier, und vor allem Gesang findet den Weg in die Seele der Zuhörer, auch wenn die Musiker wie die Sängerin in diesem anrührenden Clip nur schweigend zu sehen sind. Das Ganze endet mit „Verleih uns Frieden gnädiglich“.  Anstelle von Konzerten verschenkt die Formation Ufermann diese weihnachtlichen Szenen auf Youtube - in den Musenblättern → hier bereits kurz vorgestellt.   
 
Formation Ufermann, 59 Minuten Weihnachten. Eine Kurzfassung - Premiere am 18.12.2020.

Die Besetzung: Hayat Chaoui (voc) - Dieter Nett (cl, ts, arr) - Martin Zobel (flh, tp - Erhard Ufermann (p, comp, Lesung) - Harald Eller (b) - Jörg Dausend (dr) - Thomas Lensing (perc)
Aufnahmen des Videoclips: Karl Heinz Krauskopf 2020, Musikaufnahmen Ralf Werner 2015.
 
Redaktion: Frank Becker