Schwelgereien

Martin Klett – „Lamento“

von Sabine Kaufmann

Schwelgereien
 
Johann Sebastian Bach + Tangos
 
Heutzutage rümpfen selbst beinharte Verfechter der Trennung von „E“- und „U“-Musik bei solch genialen Zusammenführungen über die Grenzen der musikalischen Genres hinweg nicht mehr die Nase: Johann Sebastian Bach + Tango: Geht das? O ja, das geht! „Lamento“ hat der Pianist Martin Klett sein zehntes Album in Anlehnung an Osvaldo Puglieses Titel „Mi Lamento“ genannt, ein Album, das wahrlich kein Lamento verdient. Klett hat dafür ein brillantes, homogenes Ensemble aus einem klassischen Streichquartett und drei Bandoneon-Spielern zusammengestellt, das er vom Klavier aus leitet – so wie es einst nicht nur Johann Sebastian Bach tat, sondern auch die hier interpretierten legendären Tangopianisten Horacio Salgán und Osvaldo Pugliese.
 
Wie viele moderne Kreative in der Musikwelt läßt sich Martin Klett ohne Berührungsängste von den Großen diverser Genres inspirieren und führt vor, wie wunderbar – in diesem Fall der Großmeister des Barock und zwei Genies des Tangos im 20. Jahrhundert - harmonieren. Ob es die leise Wehmut ist, die über Bachs beiden ausgewählten Konzerten ebenso wie über den Tangos liegt, die das Gemeinsame ausmacht, mag dahin gestellt sein; es sind für den aufmerksamen Hörer vor allem die Interpretationen, besser gesagt: die brillanten Inszenierungen dieser so unterschiedlichen Musiken von Kletts virtuoser Hand, die unter die Haut gehen, tief ins Gemüt dringen. Bruchlos die Übergänge von Bachs Allegro zu Salgans „Recuerdo“, von Bachs Presto zu Puglieses „Mi lamento“ und ein Bonbon der Gassenhauer, J.S. Bachs Largo aus seinem Konzert Nr. 5 F-Moll Bwv 1056. Es ist in allen Fällen Musik zum Schwelgen, Genuß für Ohr und Gemüt, gefördert noch von der ausgezeichneten Akustik der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem und geadelt durch die Aufnahmetechnik von Hein Laabs und Henri Thaon.
Das Album verdient unsere Empfehlung und unser Prädikat, den Musenkuß.
 
Martin Klett – „Lamento“
© Avi-Music / Deutschlandfunk Kultur
Mitwirkende: Martin Klett (Klavier) – Jonian Ilias Kadesha, Thomas Reif (Violine) – Nora Romanoff-Schwarzberg (Viola) – Karel Bredenhorst (Cello) – Lars Olaf Schaper (Kontrabaß) – Andreas Rokseth, Christian Gerber, Ville Hiltula (Bandoneon)
 
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Klavierkonzerte BWV 1052 & 1056
Mit weiteren Werken von: Horacio Salgan, Tangos für Klavier & Ensemble (1916-2016), Osvaldo Pugliese, Tangos für Klavier & Ensemble (1905-1995)
 
J.S. Bach: Konzert Für Cembalo, Streicher Und Basso Continuo Nr. 1 D-Moll Bwv 1052
1. Allegro - 2. Adagio - 3. Allegro
 
4 Recuerdo (bearb. von Horacio Salgán)
5 Tierra querida (bearb. von Horacio Salgán)
6 Boedo (bearb. von Horacio Salgán)
7 A fuego lento
8 El marne (bearb. von Horacio Salgán)
 
J.S. Bach: Konzert Für Cembalo, Streicher und Basso Continuo Nr. 5 F-Moll Bwv 1056
9  1. Ohne Satzbezeichnung - 10 2. Largo - 11 3. Presto
 
12 Mi lamento (bearb. von Osvaldo Pugliese)
13 De floreo (bearb. von Osvaldo Pugliese)
14 Patético (bearb. von Osvaldo Pugliese)
15 A Roberto Peppe (bearb. von Osvaldo Pugliese)
16 La rayuela (bearb. von Osvaldo Pugliese)
 
Gesamtzeit: 1:02:35
 
Weitere Informationen: www.martinklett.com  -  www.avimusic.de