Norwegische Wurzeln

Ragnhild Hemsing - Røta

von Johannes Vesper

Røta - norwegische Wurzeln
von Ragnhild Hemsing
auf Violine und Hardangerfiedel
 
Vor kurzem erst wurde diese Geigerin hier vorgestellt mit Beethovens Sonaten für Violine und Klavier Nr. 9 und 10. (Kreutzer Sonate) (www.musenblaetter.de 20.11.20). Jetzt legt sie ein norwegisches Violinalbum mit Volksmusik, Werken von Edward Grieg , Johan Halvorsen, Ole Bull und Johann Svendsen vor. Im Interview mit Erling Dahl (abgedruckt im Beiheft) gesteht sie, sich schon immer für die Wurzeln norwegischer Musik zu interessieren, die in ihrer musikalischen Sozialisation eine große Rolle gespielt habe. Daher also der Titel.
 
So begründet Ragnhild Hemsing auch die Verwendung der Hardangerfiedel, deren musikalische Sprache und Klang sich von der Violine doch deutlich unterscheidet. Bei diesem norwegischen Nationalinstrument handelt es sich um ein Streichinstrument in Form einer etwas verkürzten Geige mit niedrigem Steg und 5 zusätzlichen Resonanz- unter den Spielseiten. Sie ist benannt nach der norwegischen Region Hardangen, wo sie in und für die norwegische Volksmusik seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhundert entwickelt wurde. In der Filmtrilogie „Herr der Ringe“ ist sie mit dem Rohan-Thema zu hören. Auf der CD verbindet die Geigerin norwegische Volksmusik, vorwiegend Tänze wechselnder Rhythmik und Stimmung mit konzertanten virtuosen bearbeiteten Violinstücken. So wurde die lyrische Suite von Edward Grieg (arrangiert für Hardangerfiedel und Klavier) ebenso wie die hochvirtuosen Bravourstücke des norwegischen Violinisten Johan Halvorsen (1864-1935) norwegischen Volkstänzen gegenüberstellt, wobei der Kontrast zwischen dem tief beseelt atmenden Violinklang und dem flacheren der Hardangerfiedel überrascht. Die berühmte Passacaglia nach Georg Friedrich Händel in der Bearbeitung für Hardangerfiedel und Violoncello ist musikalisch ungewohnt und nicht nur für die Geigerin eine Herausforderung, die auch in seiner Sarabande mit Variationen (arrangiert für Violine oder Hardangerfiedel, Klavier und Violoncello) ihre violinistische Kompetenz präsentiert. Anrührend erklingen die vier Ländler für Hardangerfiedel Solo. Edward Grieg (1843-1907) ist mit kurzen Stücken aus op. 54 und und op. 12 vertreten. Darunter auch mit dem Trolltog. Trollen, jenen norwegischen Fabelwesen, möchte man in natura höchst ungern begegnen. Hier entstand in ihrem Namen aber herrliche Musik.
 
 Von seinem engen Freund Johann Svendsen (1840-1911), der mit 40 leider aufhörte zu komponieren und für 26 Jahre als Kapellmeister am Königlichen Theater Kopenhagen wirkte, hört man die auch in Norwegen populäre schwedische Volksmelodie „Allt under himmelens fäste“ (Alles unter dem Firmament). Es werden überwiegend Bearbeitungen geboten, bei denen Klavier und Cello die Violine souverän und blitzsauber in wechselnder Besetzung begleiten. Die hier präsentierten Komponisten begründeten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die norwegische Musik. Sie hatten alle in Leipzig studiert und spielten für die norwegische Nationalbewegung, die 1905 zur friedlichen Trennung von Schweden und zur Gründung des modernen Norwegens führte, eine große Rolle. Ole Bull (1810-1880) dessen Einfluss auf norwegische Identität und Kultur kaum überschätzt werden kann, hatte - wie später Bartok ungarische, oder Dvorak tschechische – seinerseits norwegische Volksmusik gesammelt. Er hatte, da die Volksmusik mit Fiedeln zuvor in der Regel nicht notiert wurde, sondern durch Nachahmung weitgegeben wurde, daraus einen Fundus norwegischer „Urmusik“ geschaffen, auf den spätere Komponisten wie Edward Grieg oder Johan Halvorsen zurück greifen konnten. Eine Freude für den Liebhaber norwegischer Musik. Im Beiheft gibt die die Geigerin im Gespräch mit Erling Dahl jr. Auskunft über sich, ihre Motivation und norwegische Musik (Deutsch und Englisch). Biographische Notizen über die Komponisten ergänzen das Gespräch.
 
Ragnhild Hemsing - Røta
© 2020 Berlin Classics in Kooperation mit dem WDR
Musik von Edvard Grieg, Johan Halvorsen, Ole Bull, Johan Svendsen & traditionelle Melodien Ragnhild Hemsing (Violin und Hardanger Fiddle) - Mario Häring (Piano) - Benedict Kloeckner (Cello)

Stücke: 1 Passacaglia (Johan Halvorsen after George Frederic Händel (Arr. for Hardanger Fiddle and Cello), 2. Norwegian Dance No. 2 (Johann Halvorsen), 3. The Song of Veslemøy (Johan Halvorsen (arr. for Hardanger Fiddle and Piano), The Wedding March of Myllarguten (Tradional tune from Telemark), Lyric Suite op 54. (Edvard Grieg): 6. IV Nocturne (Arr. for Violin and Piano)II 7. Gangar/Norwegian March (Arr for Hardanger Fiddle and Piano), 8. III Trolltog (March of the dwarfs (arr. For Violon and Piano), 9. Bjøllelåtten (a springer, traditional dancing tune from Valdres in the style of Torleiv Bolstadt), 10 Kjeringe I Snødrevet (A halling traditional dancing tune from Valdres, learned from Jan Beitohaugen Granli), 11. Elegie (Johann Halvorsen) 12. Lyric pieces op. 12: No. 6 Norsk Norwegian(Edvard Grieg , arr. for Hardanger fiddle an Cello), 13 Le Melancolie (Ole Bull), 14. Nocturne (Ole Bull) 15. Bojarenes Inntogsmarsj/Entry March of the Boyars (Johan Halvorsen, arr. for Hardanger Fiddle and Piano), 16 Gamal Bonde (A bonde, traditional tune from Valdres in the style of Torleiv Bolstad), 17. Swedish Folk Melodies op. 27: No 1 Allt under himmelsten fäste (Johan Svendson) 18 Sarabande con Variazoni (Johan Halvorsen). All arrangements by Tormod Tvete Vik
 
Gesamtzeit:  63:30
 
Weitere Informationen: https://berlin-classics-music.com