Memento mori

Dance Me to the End of Love - Ein Totentanz

von Frank Becker

Memento mori
 
Totentänze in der bildenden Kunst
 
Dieses Buch will die Identität des „kleinen Todes“ mit dem endgültigen Tod
bewußt machen. Der Wollust, des Deliriums mit dem grenzenlosen Schrecken.
Georges Bataille: Die Tränen des Eros, 1961
 
Danses macabres, Totentänze sind das das bildliche memento mori, die Mahnung, daß wir schon im Leben vom Tod umfangen sind. Ab Ende des 13. Jahrhunderts in Frankreich verbreitete sich das fatale Tête-à-Tête mit Freund Hein recht bald in Europa. Berühmt wurden Hans Holbeins d.J. 40 Holzschnitte (Gero von Wilpert nennt die Zahl 48) aus dem Jahr 1526, in denen er den Tod als Gerippe darstellt, das allen Ständen seine Aufwartung macht. Holbeins Bilderfolge dienter als Vorlage für einen Zyklus von 25 Todesbildern, der 1543für das Bischöfliche Schloß in Chur geschaffen und ab Herbst 2020 nach langer Zeit erstmals wieder öffentlich zugänglich wurde.
 
Stephan Kunz und Stefan Zweifel nahmen diese 25 Bilder als Aufhänger und stellten 2020 für eine Ausstellung im Bündner Kunstmuseum Chur einen opulenten Band zusammen, der unter dem Titel „Dance Me to the End of Love - Ein Totentanz“ eine Text- und Bildsammlung zum künstlerischen Umgang mit dem Tod präsentiert, eine Kollage, die mit besonderem Gewicht auf das Dionysische und die elementare Verbindung von Erotik und den „kleinen Tod“ angelegt ist. Zitate der Weltliteratur und hervorragende Textbeiträge von László F. Földényi, Luise Maslow, Stephan Kunz und Stefan Zweifel begegnen erlesenen Bildbeiträgen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, die in ihrer Zusammenstellung samt und sonders belegen, welche Anziehungskraft die Beschäftigung mit der Endlichkeit und ihrem Boten auf Literatur, Psychologie, Philosophie, Musik und vor allem die Bildende Kunst ausgeübt hat und es weiterhin tut. Nietzsche und Baudelaire, Euripides und Heraklit werden ins Feld geführt, Albrecht Dürers Wappen mit dem Totenkopf, Fritz Langs Metropolis, Christian Giessenbecks Totenührli, Birgit Jürgenssens Totentanz mit Mädchen, Gustav Klimts Goldfische oder Johann Heinrich Füsslis Zeichnungen sind nur ein Teil der

Gustav Klimt Goldfische 1901-02
beeindruckenden Zusammenstellung von mahnenden Exempeln.
 
Das Buch(…) bildet einen medialen Rausch ab, der sich von der Antike bis in die Gegenwart zieht und Scherenschnitte von Hans Christian Andersen, Werke auf Papier von Albrecht Dürer bis Nancy Spero und Jackson Pollock, Fotografien von Peter Hujar und Cindy Sherman, Video-Stills aus Werken von Rebecca Horn und Vanessa Beecroft ebenso umfaßt wie kulturhistorische Objekte. Alternierend mit den Abbildungen vermitteln ausgewählte literarische Textausschnitte die ekstatische Beziehung von Tanz und Tod. In ihrem Vorwort befragen Stephan Kunz und Stefan Zweifel vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie unser Verhältnis zum Tod – und zum Leben. Der ungarische Kunsttheoretiker und Essayist László F. Földényi geht derweil in seinem Text der Identität des Todes auf die Spur. Der Essay der deutschen Kunsthistorikerin Luise Maslow ergründet die Geschichte und Bedeutung von Tanz und Musik im Zusammenhang mit dem Tod. (Verlagstext)
 
Ein besonders empfehlenswertes Buch zum Totentanz-Thema, zur Verbindung von Lust und Tod und zum allgegenwärtigen Vanitas-Gedanken.
 
Dance Me to the End of Love - Ein Totentanz
Herausgegeben von Stephan Kunz und Stefan Zweifel.
Mit Beiträgen von László F. Földényi, Luise Maslow, Stephan Kunz und Stefan Zweifel, in Zusammenarbeit mit dem Bündner Kunstmuseum Chur
© 2020 Bündner Kunstmuseum Chur und Scheidegger & Spiess, 344 Seiten, Broschur mit Rupfenumschlag, fadengeheftet, 16 x 23 cm, 147 farbige und 54 s/w Abbildungen – ISBN: 978-3-03942-000-1
49,-  sFr | 48,- €
 
Weitere Informationen: www.scheidegger-spiess.ch