Och nöö... - Kulturamöben im WDR

Aus dem Tagebuch

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
  Och nöö...

Kulturamöben im WDR
(man kann gar nicht so viel fressen, wie...)


1.2.21
Im Namen des Volkes
Wenn im WDR eine Talkshow ausgebrütet wird unter dem zukunfts­weisenden Titel „Die letzte Instanz“ und der Moderatoren-Azubi Steffen Hallaschka dazu eine für das durchschnittliche deutsche Intelligenzvorkommen repräsentative Lall- und Laberrunde zusammencastet, dann besteht sie aus Jürgen Milski („Big Brother“ der ersten Stunde und Ballermann-Sänger der extrafeinen Art), Micky Beisen­herz ( Comedy-Literat und „Dschungelcamp“-Texter), eine Janine Kunze (selbe Branche) plus Zombie-Legende Thomas Gott­schalk, auf daß ein jeder frei Schnauze und nach Lust und Laune und Vermögen zum popoleeren Thema „Das Ende der Zigeuner­sauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“ seinen ganz eigenen, indi­viduellen Senf ab­liefere – dann ist eine klassische Sternstunde des Westdeutschen Rundfunks vorprogrammiert.
Hier jetzt die Rosinen im Erbrochenen nochens zu servieren, erspar ich mir und Ihnen. Um den weiten Horizont dieser rassekundlichen Kulturamöben zu erahnen, sollte ein Halbsatz von Gottschalk rei­chen, der die in der Tat bemerkenswerte Anekdote zum Besten gab, auf einer Kostümparty in Los Angeles in Jimi-Hendrix-Verkleidung das erste Mal erfahren zu haben, „wie sich ein Schwarzer dann fühlt“.
Unabhängig davon, daß natürlich nur schwer zu ertragen war, was da an diesem und ähnlich horrendem Stuss und locker felsenfest internalisiertem Ras­sismus kollektiv abgefeuert wurde, ist es schon sinnig, so was im Original und un­zensiert durch die offenen-recht­lichen Kanäle zu jagen. Und zwar nur aus einem einzigen Grund: Damit die Betroffenen diesmal genauer wissen, wann sie ihre Koffer packen müssen.
 
2.2.21
Entschuldigung à la WDR
Nachdem das Ende der Zigeunersauce von der „letzten Instanz“, vertreten durch unsere forschen Rassekundler von der Comedy-Front, ausgiebigst im Brustton der an den Haaren herbeigezogenen Betroffenheit und im Namen der deutschen Leitkultur betrauert worden war, war im Gegenzug dazu bei einem Teil der erstaunten Fernsehzeugen mit dieser öffentlich-rechtlichen Verteidigung selbstgewählter Verblödung inkl. rassistischer Grundierung zwar nicht das Ende der beliebten Sauce, aber endgültig das Ende der Fahnenstange erreicht. Und so hagelte es stundenlang Protest-Mails in nie dagewesenem Ausmaße.
Und also schüttete man sich im Sender und in aller Öffentlichkeit ganz ehrliche Asche aufs Haupt, verstand zwar weiterhin bei dem Thema nur Bahnhof, gelobte aber die Besserung der Anstalt und versprach für die Zukunft mehr Gedankengänge.
Karin Kuhn, ihres Zeichens WDR-Unterhaltungchefin und letztins­tanzlich verantwortlich für den hauseigenen Mist, erklärte dem­entsprechend:
„Diese Folge von ‚Die letzte Instanz‘ ist mißlungen. Das hätten wir anders und besser machen können.“
Wie, ‚besser‘? Noch besser?
Na, det kann ja lustig werden!
Prosit! Zapp und weg.
 
3.2.21
Ach, SPD ...
Weil die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, im Zusammenhang mit dem System 'Wirecard' genau das getan hat, wofür ihre Angestellten auch angestellt waren, nämlich systema­tisch wegzugucken, will der erfolgreiche Bundesfinanzminister und Sozial­demokrat Olaf eine ordentliche Vereinsreform und teilte der ‚Tagesschau‘ umgehend mit:
„Ich will eine harte Kontrolle der Finanzmärkte. Ich will eine Fi­nanzaufsicht mit Biß."
Nun, nachdem das Gelächter in den jeweiligen oberen Etagen der Halunken verklungen war und sich der kurze Zwerchfell-Krampf ge­löst hatte, ging man beiderseits beruhigt zurück auf Arbeit.
Denn was sollte das wieder mit dem „Biß“? Spätestens seit Beginn des 1. Weltkriegs hatte die SPD ja schon keine Zähne mehr. Und um im Bilde zu bleiben: Was bleibt dann alten Leuten ohne Zähne noch groß -
außer Lutschen? (Wenn Sie wissen, was ich meine ...)
 
 
Wolfgang Nitschke

Redaktion: Frank Becker