„Davon glaube ich kein Wort!“

Richard Feynman in der Anekdote

von Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer
„Davon glaube ich kein Wort!“
 
Richard Feynman in der Anekdote

 Von Ernst Peter Fischer

Die Challenger Katastrophe
 
Nicht abgelehnt hat Feynman gegen Ende seines Lebens die Bitte des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan, sich an den Untersuchungen zu beteiligen, die klären sollten, was bei der Challenger Katastrophe im Januar 1986 schief gelaufen war, als sieben Astronauten starben. Es sollte auch geklärt werden, wie sich allgemein die Sicherheitsmaßnahmen der US-Raumfahrtbehörde NASA verbessern ließen. Feynman erkundigte sich zunächst bei dem in der Nähe seiner Universität gelegenen Jet Propulsion Laboratory in Pasadena und erfuhr dort von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, daß erfahrene Techniker schon länger auf Mängel vor allem bei raffinierten Gebilden hingewiesen hatten, die als O-Ringe bezeichnet wurden und die Aufgabe hatten, die Segmente der Rakete abzudichten. Vor allem größere Temperaturschwankungen schienen dem Material zuzusetzen.
        Beim weiteren Nachdenken und Nachprüfen bemerkte Feynman, daß die ungewöhnlich tiefen Temperaturen, die in der Nacht vor dem schicksalhaften Start an einem Wintertag selbst in Florida geherrscht hatten, den Ausschlag für das Unglück gegeben haben konnten. Die Techniker hatten ihren Chefs deswegen geraten, den Start zu verschieben, was nicht geschah und zum Tod der Astronauten führte.
        Da die Anhörungen der Experten der Challenger Untersuchung im Fernsehen übertragen wurden, besorgte sich Feynman neben dem O-Ring eine Klammer und ein paar Zangen und bestellte eine Karaffe mit Eiswasser nebst einigen Gläsern. Als er an der Reihe war, entfernte Feynman mit der Zange ein Stück O-Ring und tauchte es mit Hilfe der Klammer in das Eiswasser. Anschließend demonstrierte er dem Publikum, daß das Material dabei seine Elastizität verloren hat und die ihm zugedachte Aufgabe am vorgesehenen Tag des Flugs nicht mehr erfüllen konnte. Zwar hatten Experten, so Feynman, schon länger auf dieses Problem hingewiesen und die oben zitierte Empfehlung eines neuen Termins gegeben. Man solle warten, bis es nachts nicht mehr zu kalt ist und hinreichend warm wird, aber starke nationale, politische und kommerzielle Interessen waren über diese Bedenken im Anblick einer erwartungsvollen Öffentlichkeit einfach hinweg gefegt, was Feynman zu seinem inzwischen legendären Schlußsatz führte:
        „Eine erfolgreiche Technik setzt voraus, daß der Wirklichkeitssinn Vorrang vor Werbung kommt, denn die Natur läßt sich nicht hereinlegen.“
 
 
© Ernst Peter Fischer