Zeichner als Kinderfreunde
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Ferdinand Barlog
Die drei Künstler, mit denen ich mich nun befassen möchte, haben diesen Ruhmesglanz nicht erlebt und sind in den Schatten des Vergessens geraten. Es hätte auch anders kommen können...
Ferdinand Barlog (1895–1955) brachte die besten Voraussetzungen mit, ein Starzeichner seiner Zeit zu werden. Er löste Paul Simmel bei der Berliner Illustrirten ab und wurde zum adäquaten Ersatz. Beim „heiteren Fridolin“ führte er an Stelle Simmels die beliebten Serien „Laatsch und Bommel“ sowie „Professor Pechmann“ fort. Einen riesigen Erfolg erzielte er mit den Bildergeschichten der „Fünf Schreckensteiner“, die in der Berliner Illustrirten veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich nicht um reale Personen, sondern fünf historische Gestalten – eine Dame, drei Herren und ein Junge mit einem Vogel auf der erhobenen rechten Hand -, die im Schloß eines Grafen in der Geisterstunde von 12 bis 1 Uhr aus ihren drei Bilderrahmen steigen und allerlei Schabernack treiben. Die „Streiche und Abenteuer“ der fünf Schreckensteiner erschienen 1940 im Deutschen Verlag Berlin und begeisterten das Publikum. Das führte zur Millionen-Auflage.
Im Krieg gab Barlog aus eigener Feder auch eine „Lustige Soldatenfibel“ und andere kleine Werke zur Erheiterung der Truppe heraus. Hinzukamen lustige Postkarten für die Landser. Diese Tätigkeit wurde Barlog nach 1945 als „kriegsverherrlichend“ angelastet. Damit habe Barlog dem NS-Regime Vorschub geleistet. Nazi-Gesinnung läßt sich im Werk von Barlog nicht feststellen. In den vielen Bildergeschichten der Schreckensteiner tummeln sich Ulk und Übermut. Beispielsweise nützen die Fünf die Höhensonne des Grafen aus und erscheinen nun gebräunt im Bild. Oder sie nehmen ein opulentes Bad und verbrauchen das ganze Stück der neuen und teuren Kernseife.
Nur zweimal scheint mir der Zeitgeist eingewirkt zu haben. Einmal plündern die Schreckensteiner die wohlgefüllte Speisekammer des Grafen und hängen ein Schild auf mit den Worten „Gehamstert wird nicht!“ Ein anderes Mal helfen sie heimlich dem Grafen aus einer Verlegenheit, indem sie seinen Ahnenpaß vervollständigen. Stammbaum-Recherche betrieb man im Dritten Reich, um seine rein arische Herkunft nachzuweisen.
Gegen Kriegsende erschien noch das von Barlog illustrierte Buch „Neue Flausen von Münchhausen“ (gesammelt und bearbeitet von E. Sikorski). Nach 1945 wurde es nicht mehr verbreitet.
An frühere Erfolge konnte Barlog in der Nachkriegszeit nicht mehr anknüpfen. Er wurde kaum noch als Zeichner beschäftigt und emigrierte in die USA, wo eine Tochter lebte.
Es ist schade, daß die Schreckensteiner nicht wieder aufgelegt worden sind. Ihr liebenswürdiges Spuken, ihre harmlosen Scherze würde viele Menschen auch heute noch ein Lächeln entlocken.
Lesen Sie morgen an dieser Stelle den dritten Teil
von Joachim Klingers Artikel, der sich eingehender Rudi vom Endt widmet.
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