Schöne frühe Marken- und Werbewelt

„Weltstars aus Köln – Historische Werbefilme“

von Wolfgang Dresler und Frank Becker

Wolfgang Dresler - Foto: Tacker Film
Kölner Marken
in historischen Werbefilmen
 
Wie war in Köln es doch vordem –
mit weltbekannten Marken so bequem!
 
Bei einem Rückblick auf historische Werbefilme von Kölner Traditionsmarken treffen wir auf viele bekannte Marken – aber auch auf eine Reihe von Marken, die vom Markt verschwunden sind. Oder Produkte, die schon lange nicht mehr in Köln hergestellt werden – aber immer noch mit Köln in Verbindung gebracht werden. Die Kölner Filmproduktion TACKER Film, die sich auf Werbung aus der Wirtschaftswunderzeit spezialisiert hat - u.a. ist der Kult-Film „Rendezvous unterm Nierentisch“ ihr Produkt - hat für eine Spezial-Dokumentation zum Thema der Kölner Wirtschaft im Jahr 2013 die Archive des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs durchforstet und eine 86-minütige DVD-Dokumentation erstellt, die immer noch erhältlich ist.
 
Nun hat Regisseur Wolfgang Dresler eine Kurzfassung erarbeitet, die mit amüsanten Einblicken in die vergangene Kölner Werbewelt Appetit auf mehr macht.


© Tacker Film

Wer erinnert sich z.B. noch an „Cornelia Kaffee“? „Cornelia“ war die Eigenmarke der Kölner Supermarkt-Kette Cornelius Stüssgen, eine Marke, die wie viele verschwunden ist. Alle Stüssgen Supermärkte wurden 1984 von REWE übernommen. Auch andere ehemals eigenständige Marken wurden von Konzernen geschluckt. Die alte Kölner Zigarettenmarke Haus Neuerburg („die Overstolz vom Rhein“) gehört heute zu Japan Tobacco mit Sitz in Trier. Die Siegel Putzmittel-Werke („Sidol“, „Sigella“) wurden von Henkel (Düsseldorf!) gekauft.
 

Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Und kennen Sie noch das „Tefifon“? Ein Kölner Produkt zur Wiedergabe von populärer Musik von vorbereiteten Bändern für den privaten Bereich, kompakt und ähnlich dem Tonband, jedoch transportabel, das 1965 vom Markt verschwand. Genauso wie das mit Bildern aus einer idealisierten Arbeits- und Alltagswelt aufwendig beworbene Kosmetik-Produkt „Happy End“ von „Riz“.
 

Tefifon - Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Zu den bedeutendsten Firmen, die seit jeher und nach wie vor in Köln zuhause sind, gehören die großen Deutz Motorenwerke und der Autobauer Ford. In ihren Werbe- und Werksfilmen wird immer wieder mit typischen Kölner Stadtansichten geworben.
 
Kaum eine Marke wird so eng mit Köln verbunden wie das Duftwässerchen 4711. In Anzeigen-Serien und Werbefilmen tauchen regelmäßig Kölner Motive auf. Schon 1949 hatte man für Werbezwecke die Legende vom „Reiter in der Glockengasse“ erfunden: ein französischer Offizier schreibt mit lockerer Hand die Hausnummer 4711 an die Wand. Tatsächlich hat es so gar nicht stattgefunden. Aber weil die Legende schöner ist als die Wirklichkeit, wurde sie mehrfach für die Kino- und TV-Werbung inszeniert. Doch auch 4711 ist streng genommen keine Kölner Marke mehr - sie gehört nach mehreren Eigentümerwechseln zu Mäurer & Wirtz in Stolberg bei Aachen.


Ford 15 M 1955 - Quelle: Fordwerke / Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

 

Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Auch die Schokoladenmarke Stollwerck ist nicht mehr in Köln beheimatet. 2002 kaufte ein schweizerischer Schokoladenkonzern die Kölner Marke. Im Jahr 2016 wurden die letzten Büros des ehemaligen Hauptsitzes in Köln geräumt.
 
Afri-Cola wurde schon 1931 als Kölner Warenzeichen eingetragen. In den 50er Jahren war Afri die beliebteste Muntermacher-Brause in Deutschland. 1952 kam noch die Limonaden-Marke Bluna dazu. Eine von der Hippie-Bewegung inspirierte Werbefilm-Serie brachte Afri-Cola ab 1968 in die Schlagzeilen: „Sexy-mini-super-flower-power-pop-op-cola – alles ist in afri cola”, lautete der Werbespruch. Die Botschaft war ebenso genial wie unverschämt: Trink Dir Deinen Rausch mit einem alkoholfreien Getränk an! Der Düsseldorfer Werbefotograf Charles Wilp kreierte eine der schrägsten und umstrittensten Werbekampagnen mit lüsternen Nonnen und lasziven Models im „Afri-Cola Rausch“.
 

Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Natürlich beschwerte sich die katholische Kirche damals über die lüsternen Nonnen und der Bayerische Rundfunk lehnte sogar die Ausstrahlung eines Spots aus der Reihe ab. Auch Afri Cola ist seit 1999 keine Kölner Marke mehr, sie gehört heute zu einem baden-württembergischen Mineralwasser-Konzern.
 
Die erwähnte Kurz-Dokumentation auf Vimeo zeigt dazu mehre Beispiele aus den 50er und 60er Jahren: https://vimeo.com/545483658
Die Dokumentation entstand in Zusammenarbeit mit dem Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv zu Köln (www.rwwa.de)
 
© Wolfgang Dresler / TACKER FILM GmbH 2013 / 2021
 
 
Lesen Sie hier auch noch einmal die Besprechung der DVD aus den Musenblättern:
 
Schöne frühe Werbewelt
 
Weltstars aus Köln –
Historische Werbefilme
 
Kaum etwas ist heutzutage besser geeignet den Zeitgeschmack, das Selbstverständnis und das Konsumverhalten der jüngeren
Geschichte zu illustrieren als historische Werbefilme. Wolfgang Dreslers in Köln ansässige „Tacker Film“-Produktion hat sich auf die Auswahl und Zusammenstellung solcher Werbefilme spezialisiert und schon manch unterhaltsame DVD zum Thema vorgelegt. Eine ganze Reihe davon wurde ja auch schon in den Musenblättern vorgestellt. In einer neuen Produktion nimmt sich Wolfgang Dresler Waren und Produkte aus der geschäftstüchtigen, quirligen rheinischen Metropole vor: „Weltstars aus Köln“. Das bedeutet in diesem Fall: 4711, Farina, Afri Cola, Ford, Overstolz, Stollwerck. Wohl kaum jemand – auch der jüngeren Generation - kennt diese Markennamen nicht. Überwiegend aus den 50er bis 70er Jahren stammen die von der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln zur Verfügung gestellten Werbestreifen, die das Spektrum einer teils längst „Kult“ gewordenen Warenwelt nostalgisch schillern lassen. Daß Köln „mehr als nur Kölsch und Karneval“ ist, wird dabei eindrucksvoll und unterhaltsam belegt.

 
Düfte aus Köln
 
Die Kampagnen der Firma „4711 Echt Kölnisch Wasser“ nehmen dabei einen breiten Raum ein, sie haben durch ihre teils epische Länge mitunter nahezu Kurzfilmcharakter. Mit Spielfilmhandlung und viel Personal/Ausstattung wird die Geschichte des Markenzeichens „4711“ aus der Zeit der napoleonischen Besetzung des Rheinlandes erzählt und mit viel Aufwand und namhaftem Personal eine – zugegeben recht dümmliche – kleine Ehegeschichte, in der immerhin der Burg-Schauspieler Ernst Stankovski, Carlos Werner und (hier könnte ich mich irren) Eva-Maria Meinecke mitspielen. Bis in die Flower-Power-Zeit reichen die Spots, die bei der „Young Generation“ trotz Anbiederung allerdings ohne Erfolg für das Duftwasser aus Köln warben, und nie fehlt der klassische Slogan von 4711: „Schenke von Herzen, doch was es auch sei, 4711 ist immer dabei“.


Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Etwas dynamischer und zeitangepaßter zeigt sich das Konkurrenzunternehmen „Farina“ mit seiner Werbung, denn dort setzte man in den 60ern und 70ern eher auf Zeitgeschmack. Harte Kerle mit Smoking und Lamborhini standen für „Russisch Leder“, und mit der blonden Werbeikone Maria Brockerhoff im Boot war man dichter an der Zeit. Zwar war auch Farina „Echt Kölnisch Wasser“ (die älteste Produktion am Platze), aber weniger verstaubt mit Farina Rote Marke und karibisch frischer mit „Maritim“ und „Barbados“.
 
Cola-Rausch und Knusperspaß
 
Die Cola „jung und sportlich“ in der ungewöhnlichen, originellen Flasche von Jupp Ernst verlieh in ihren witzigen Zeichentrickfilmen schon Flügel, lange bevor eine Brause aus dem Salzkammergut das mit Erfolg nachmachte. Ein Knaller aber wurde die Afri Cola-Werbung hinter vereisten und behauchten Glasscheiben durch die innovativen, kühnen Werbefilme aus der Werkstatt des Fotografen Charles Wilp. Der erfand den lüsternen Afri-Cola-Rausch und kreierte die skandalträchtigen Streifen für die sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola – „… alles ist in Afri-Cola“. Gibt es wieder und ist wie „Bluna“ und Sinalco heute Kult.


Quelle: Archiv Musenblätter

Nicht Kult, aber lecker ist Stollwerck, die Kölner Schokoladenmarke, die mit ihren Marken Alpia (hmmm…), Reichardt Schokli („Spaß am Abend“), Pepitas („Spaß im Mund“, bevor es Smarties gab), und der Telebar für Walter Giller vor allem in den 60ern und 70ern auf dem Bildschirm warb. „Der süße Hauch“ und „Flavour“ waren der wenig erfolgreiche Versuch, sich wie Afri-Cola der Konsumentengruppe Jugend zu nähern. Knuspergold für Mutti mit dem Stollwerck-Stern als Markenzeichen aber war wie die erste edle Bitterschokolade „Schwarze Herrenschokolade“ schon in den 50ern populär und warb mit heiteren kleinen Einspielern. Der sympathische Hans Imhoff, Aufsichtsrats-Vorsitzender von Stollwerck, machte später den Vorreiter der personalisierten Werbung, mit der heute die Hersteller von Kindernahrung, Unterwäsche, Bio-Lebensmitteln, Motorenöl u.v.a.m. für ihre Produkte in den Ring steigen. Und Alpia blieb trotz der hölzernen Sprüche von Hennes Weisweiler eine der besten Vollmich-Schokoladen.
 
Weltkugel und Badewanne
 
Eine der ganz großen Kölner Marken, die natürlich in einer solchen Zusammenstellung nicht fehlen darf, ist Ford. Deren Produkt-Reihe Taunus 12 M bis Ford 20 M und der Transportbus Ford Eilfrachter mit seinen Varianten werden in Original-Werbeclips vorgestellt. Der Taunus 12 M mit der legendären Weltkugel als Schmuck der Haube, sein kompakter 12 M-Nachfolger, der traumschöne Ford 17 M P 2 mit Heckflossen-Ansatz nach amerikanischem Vorbild und der elegante 17 M P 3 (die „Badewanne“), das schönste Auto, das Ford Deutschland je baute und bis heute mein Lieblingsmodell, haben Automobilgeschichte geschrieben. Da hätte man gerne mehr gesehen. Der Tacker-Film „Chromveteranen“ geht näher darauf ein.


Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

 
Man findet viel Geschmack …
 
… am Overstolz Tabak. Jaja, das Rauchen gehörte seinerzeit zum guten Ton und zur besseren Lebensart. Vergessen wir also bitte nicht die Overstolz in der orange-farbenen Packung, eine der führenden deutschen Zigarettenmarken dieser Zeit aus dem Haus Neuerburg. Dort setzte man auf Seriosität und feine Lebensart, wofür man die vornehmen älteren Herren der Werbung versammelte, darunter auch den legendären Asbach Uralt-Gentleman, Sie wissen schon: „Wenn einem also Gutes widerfährt…“. Der agiert in einem Werbestreifen – man beachte! – gemeinsam mit dem berühmten zweiten Fernsehkoch Hans Karl Adam und dem Kabarettisten Jürgen Scheller, in einem anderen Streifen tritt der große alte Albert Florath auf. „Leicht bekömmlich muß sie sein, wie die Overstolz vom Rhein!“
 

Quelle: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

„Weltstars aus Köln – Historische Werbefilme“
aus der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln
© 2013 Tacker Film
Kapitel: Werbefilme für 4711 (11:42), Afri Cola (5:13), Farina (2:49), Ford (4:47), Overstolz (2:57) und Stollwerck (8:57) in Farbe und s/w; angehängt drei historische Industriefilme über Klöckner-Humboldt-Deutz (34:06) und die Autofabrikation bei Ford in Köln (16:19).
 
Gesamtspieldauer: ca. 86 Minuten
 
Weitere Informationen: www.tackerfilm.de
 
Berbeitung und Redaktion: Frank Becker