Stückwerk

„Fuchs im Bau“ von Arman T. Riahi

von Renate Wagner

Fuchs im Bau
Österreich 2020

Drehbuch und Regie: Arman T. Riahi
Mit: Maria Hofstätter, Aleksandar Petrović, Luna Jordan,
Andreas Lust, Sibel Kekilli u.a.
 
Fuchs“ und „Bau“ sind metaphorisch zu verstehen (und der alternative Titel „Der Lehrer“ täte es auch). Der Fuchs ist kein echter, sondern er heißt so, ist ein offenbar dauernd mißgelaunter Lehrer und zieht in den „Bau“ ein, in ein Gefängnis für Jugendliche, die schließlich auch Schulunterricht erhalten müssen. Er soll eine Lehrerin ablösen, die den Behörden mit ihren schwer unorthodoxen Methoden auf die Nerven geht.
Allein das Milieu, das er anspricht (und mit dem, ehrlich gesagt, wahrscheinlich ein Großteil der Bevölkerung am liebsten nichts zu tun bekommen möchte), hat dem 40jährigen Filmemacher Arman T. Riahi (der schon vor vier Jahren mit seinem Film „Die Migrantigen“ den Puls der Zeit getroffen hat) das zu erwartende Medieninteresse gesichert: Regie-, Drehbuch- und Jugendpreis beim Max Ophüls-Festival, Eröffnungsfilm der Diagonale. Das hat mit dem Zeitgeist zu tun, während die Story, wenn man genau hinblickt, nicht so wirklich überzeugend verläuft. Vor allem läßt der Regisseur gerne vieles im Dunkeln, und das ist mehr geschmäcklerisch als künstlerisch.
 
Im Mittelpunkt des Geschehens steht nicht Fuchs, sondern der „bunte Vogel“, die Lehrerin Elisabeth Berger, eine komplette Kunstfgur, die in ihrer Überzüchtetheit auf der Leinwand nur überlebt, weil Maria Hofstätter sie spielt und dergleichen perfekt kann. Wie die Dame tickt, begreift man nicht, wenn sie von echtem Unterricht nichts hält, aber es sehr sinnvoll findet, ihre jugendlichen Kriminellen in die Küche einfallen zu lassen, um ihnen beim Machen eines Apfelstrudels so wichtiges Wissen über Apfelsorten zu vermitteln. Und „Mal-Therapie“ allein kann es wohl auch nicht sein, worauf die Lehrerin als „kreatives Befreien“ setzt. Nun vermag man sich vorzustellen, daß es nicht leicht ist, eine so inhomogene Schar zu unterrichten, aber ein bißchen mehr sollte man ihnen schon beigebracht haben, wenn sie dann einmal doch wieder „hinaus“ dürfen?
Kurz gesagt, diese Lehrerin geht den Vorgesetzten (Andreas Lust wacht unliebenswürdig im Gefängnis und ist als Scharfmacher sehr glaubwürdig) ziemlich auf die Nerven und soll gegen Fuchs ausgetauscht werden, was weder Frau Berger noch Herrn Fuchs begeistert, die anfangs gar nicht miteinander können.
 
Auch dieser Fuchs (dumpf: Aleksandar Petrović) bleibt eine gänzlich nebulöse Figur, erst am Ende des Films erfährt man durch Rückblenden, daß er seinen Sohn durch dessen Selbstmord verloren hat und seither seelisch gestört durchs Leben wandert.
Und da ist als „dritte Macht“ des Geschehens noch die Schülerschar, die alle unausgearbeitet bleiben bis auf das Mädchen Samira (Luna Jordan), die zerstörerisch gegen sich selbst und die anderen herumtobt und ein besonders abstruses Schicksal hatte – von der Familie mit weiblichen Hormonen gefüttert, damit sie leichter zu behandeln sei, muß ihr Vater sie wohl vergewaltigt haben, sonst hätte sie ihn nicht ins Koma geprügelt – wirklich Konkretes erfährt man nicht.
So wird das Geschehen, je weiter es fortschreitet, für den Zuschauer immer unbefriedigender, die Handlung bleibt Stückwerk, hat nicht Hand und Fuß, wenn auch das übliche harmonisierende Ende – wenn Fuchs, dann allein verantwortlich für seine Schüler, Musikunterricht einführt… Wenn man als Zuschauer auch dankbar sein muß, das soziale Mitleid nicht fingerdick aufs Brot geschmiert zu bekommen, so offenbart die Geschichte eigentlich nicht, was sie will und soll. Alternativer Unterricht ist vielleicht nicht gerade der Weg für junge Kriminelle – aber was weiß man schon?
Aber der Autor / Regisseur bietet das richtige Thema zur richtigen Zeit, und das mag auch ein Argument sein. Sicherlich für die Jurys von Festivals.
 
 
Renate Wagner