Unausgegoren und schnell zu vergessen

„Risiken und Nebenwirkungen“ von Michael Kreihsl

von Renate Wagner

Risiken und Nebenwirkungen
Österreich 2021

Drehbuch und Regie: Michael Kreihsl
Mit: Samuel Finzi, Thomas Mraz, Inka Friedrich, Pia Hierzegger u.a.
 
Es ist nicht unbedingt eine sichere Bank, Theaterstücke zu verfilmen, auch wenn Regisseur Michael Kreihsl zuletzt mit „Die Wunderübung“ von Daniel Glattauer auf der Leinwand erfolgreich war. Diese hat aber schon als Stück a priori viel besser funktioniert als „Die Niere“ des Vorarlbergers Stefan Vögel, die man im Mai 2010 in den Kammerspielen der Josefstadt gesehen hat. Vögel liefert grundsätzlich Boulevard mit Rollen, würzt aber (wie etwas einst auch in den Stücken „Arthur und Claire“ oder davor „Eine gute Partie“) immer gern eine Prise Problematik hinein, damit man sozusagen „besinnlich“ gestimmt aus dem Theater geht und dem Autor die gute Nachrede widmet: Es war ja nicht nur lustig, es hat ja auch etwas zu sagen…
Nur daß es bei „Die Niere“, die Kreihsl jetzt unter dem weniger unangenehmen Titel „Risiken und Nebenwirkungen“ auf die Leinwand bringt, eigentlich nicht mehr lustig ist – die Komödie steht auf schwer wackeligen Beinen, wenn die Ehefrau den Gatten fragt, ob er ihr eine Niere zur Verfügung spenden würde (sie braucht nämlich eine), während ihm die Idee, sich zwecks Transplantation aufschneiden zu lassen, nicht so wirklich behagt und sich argumentativ herumdrückt.
Das ergibt schon mal die totale Ehekrise, zumal, wenn sich der törichte Freund des Hauses unschuldsvoll spontan als Spender anbietet, was dessen Frau wiederum idiotisch findet. Jetzt haben zwei Paare ihre schweren Probleme, aber es ergibt sich trotz ein paar Verstrickungen (am Ende kommen sogar Ehebrüche und dergleichen heraus und werden gegen die Gesundheit „gehandelt“) eigentlich gar nichts. Außer die Erkenntnis, daß die wenigsten Menschen (Männer noch mehr nzw. weniger als Frauen?) heldenhaft handeln würden.
Auf der Bühne hat sich das Geschehen auf die vier Personen beschränkt, fürs Kino wurden noch unnötigerweise ein paar (Tochter, Arzt) hinzugefügt, die keiner braucht, weil die „Erweiterung“ des Vier-Personen-Kammerspiels ja die wacklige Handlung nur zusätzlich zerfasert.
 
Ein Problem ergab sich schon in den Josefstädter Kammerspielen, daß man dergleichen Gebrauchsstücke nur mit Spitzenbesetzungen spielen sollte, damit es sich lohnt (und das war dort gar nicht der Fall). Auch für den Film fand sich nur eine einzige herausragende Besetzung, nämlich Samuel Finzi, der seine Figur einigermaßen rettet (außerdem wird man den Darsteller dringend brauchen, um den Film auch in Deutschland verkaufen zu können). Finzi hat immer das Flair des Besonderen um sich, also wird der egozentrische, dabei gänzlich durchschnittliche Ehemann bei ihm so interessant, wie er bestenfalls sein kann, und man folgt seinen gewundenen Argumentationen interessiert.
Thomas Mraz hat vielfach bewiesen, wie unschuldsvoll-töricht er dreinsehen kann, folglich ist er für den Freund des Hauses richtig (nominiert für den Österreichischen Filmpreis 2021 als bester männlicher Haupt-Darsteller, nicht fragen, wie das mit der evidenten Nebenrolle zusammen geht).
Einen Totalausfall stellen die Damen dar, Inka Friedrich (dabei eine deutsche Theaterschauspielerin mit einigen Credits) bleibt als Kathrin, die mit ihrer Forderung an den Gatten ja auch ein Ehe-„Experiment“ startet, so uninteressant wie Pia Hierzegger als der weibliche Teil des befreundeten Ehepaars, das sich in die Problematik hinein gezogen sieht.
Die Dialoge geben vor, daß das ja doch eine wenn auch heikle „Komödie“ sein soll, man empfindet es aber kaum so, auch das Interesse wird wenig gefordert (kennt man das Theaterstück, ist es gleich Null). Fazit: Der Film ist letztlich wie das Stück – einfach unausgegoren und schnell zu vergessen.
 
 
Renate Wagner