Peter Altenberg

Eine Skizze

von Arthur Schnitzler

Peter Altenberg

Arthur Schnitzler
Peter Altenberg
 
Eine hübsche Brünette aus gleichen, nur weniger begüterten Kreisen, freier und aufgeweckter und von humorhafterem Wesen, Anni Holitscher, war in Peter Altenberg verliebt, der damals noch Richard Engländer hieß; und da sie eine seltsame innere Ähnlichkeit zwischen mir und ihm zu entdecken behauptete, fiel ein Strahl ihrer Sympathie für ihn auch auf mich. Wie für einen Europäer bei oberflächlicher Betrachtung ein Neger wie der andere aussieht, so mag auf ein junges Mädchen, das mit solchen Menschenexemplaren noch nicht viel zu tun gehabt hat, anfänglich auch ein Dichter genauso wie der andere wirken. Dies traf sonderbarerweise in diesem Falle zu, obzwar damals weder ich noch P.A. als Dichter in der Öffentlichkeit hervorgetreten waren und wenigstens in weiteren Kreisen kaum noch im Verdacht solcher Bestrebungen standen. P.A. besonders galt nur als geistreicher Sonderling und gebärdete sich in einer mir nicht ganz echt erscheinenden Weise als berufsmäßiger Neurastheniker, was ich ihm auch gelegentlich ins Gesicht sagte, ohne daß er es mir übelgenommen hätte. Ob er zu jener Zeit überhaupt schon eine Zeile geschrieben hatte, ist mir nicht bekannt; was man etwa von meinen Versuchen in der Gesellschaft erfahren haben mochte, wurde von keiner Seite ernst genommen; und immer wieder blieb es der einzigen Fanni Mütter vorbehalten, mich ermutigend und mahnend auf meine eigentliche innere Berufung hinzuweisen, an deren Betätigung und Bestätigung mir selbst vorläufig so wenig zu liegen schien.
 
Arthur Schnitzler