Hochgenuß!

StarkLinnemann – „Transcending Beethoven – Vol. 1 & 2“

von Frank Becker

         

Klaviersonate (Nr. 15) opus 28 „Pastorale“   Cellosonate (Nr. 3) opus 69

Hochgenuß!
 
StarkLinnemann feiern Beethoven
 
Gläsern, durchscheinend, ätherisch kristallen schwingend hebt der 1. Satz der von Paul Stark nachkomponierten Beethovensche Klaviersonate op. 28 „Pastorale“ an, 2:37 Minuten pure Klangmagie mit viergestrichenen Oktaven und Becken. Dann „sortieren“ sich Klavier (Paul Stark), Kontrabaß (Maciej Domaradzki) und Percussion (Jonas Linnemann) klangvoll, bis sie bei 5:12 in den feinsten klassikinspirierten Jazz einsteigen, den man seit langem zu hören bekommen hat.
Nachdem Leonard Bernstein, Jacques Loussier und Dave Brubeck die Kompatibilität von Jazz und Klassik beschworen und populär gemacht haben, haben sich viele Musiker wie u.a. Eugen Cicero an die Verschmelzung der scheinbar konträren Genres gemacht und Brillantes vorgelegt. Ekkehard Wölk und Maximilian Geller haben in den vergangenen Jahren eigene Maßstäbe gesetzt.
 
Nun legt das Duo Stark Linnemann im Nachgang zum Beethoven-Jahr zwei Beethoven-Alben vor, die an Delikatesse kaum zu überbieten sind. Bei seiner „Nachkomposition“ hielt sich Paul Stark an die Satzvorgaben der Pastorale. Dem temporeichen, rhythmischen 1. (Eck-)Satz Allegro mit seiner kristallnen Eröffnung folgt ein tiefsinniges Andante mit seelenvollen Soli der drei Instrumente, dem sich virtuos ein kurzes, flottes Scherzo, Allegro vivace anschließt. Mit dem 4. (Eck-)Satz, einem Rondo, Allegro ma non troppo nimmt das Trio die Transzendenz des Anfangs wieder auf, gibt der Sonate einen sich leise entfernenden großartigen Abschluß. Das ist so gut, daß man der Musik Suchtpotential unterstellen kann.
 
Schnell, aber nicht zu schnell gibt Beethoven dem 1. Satz Allegro seiner Sonate Nr. 3 für Cello und Klavier vor – und das um Iman Spaargaren (Tenorsaxophon und Klarinette) zum Quartett erweiterte Trio folgt dem perkussiv und inspiriert in Paul Starks kongenialer Nachkomposition. Der 2. Satz zeigt sich als eine ein wenig zurückgenommene Spielerei mit witzigen kleinen Einlagen, für die Jonas Linnemann an Schlagzeug und Percussion zaubert. Daß es nicht unmöglich ist, auf dem Kontrabaß kunstvoll Cello-Töne zu streichen, beweist Maciej Domaradzki im 3. Starkschen Satz. Die Betonung liegt hier auf Stark, weil Paul Stark den ausgedehnten 3. Satz Beethovens tatsächlich in einen kurzen 3. (Adagio) und einen ausgedehnten 4. Satz (Allegro) geteilt hat. Auch das ist wieder hin- und mitreißend gelungen.  
 
Die Formation Stark Linnemann bietet mit dieser grandiosen Jazz-Ovation an Ludwig van Beethoven großartigen, virtuosen Hochgenuß - das verdient unser Prädikat, den Musenkuß!
 
Stark Linnemann – „Transcending Beethoven – Vol. 1 & 2“
© 2020 UCM Records
Paul Stark (piano, recomposition) – Maciej Domaradzki (b) – Jonas Linnemann (dr) – Iman Spaargaren (ts, cl)
 
Volume 1:
Klaviersonate (Nr. 15) opus 28 „Pastorale“ in vier Sätzen: 1. 18:43 – 2. 11:40 – 3. 6:20 – 4. 19:56
Paul Stark (piano, recomposition) – Maciej Domaradzki (b) – Jonas Linnemann (dr)
Gesamtzeit: 56:41
Volume 2:
Cellosonate (Nr. 3) opus 69 in vier Sätzen: 1. 19:06 – 2. 7:46 – 3. 4:37 – 4. 15:16
Paul Stark (piano, recomposition) – Maciej Domaradzki (b) – Jonas Linnemann (dr) – Iman Spaargaren (ts, cl)
Gesamtzeit:  46:47
 
Weitere Informationen: www.ucm-records.com