Hoch besetzt und sehr gelungen

„Beckenrand Sheriff“ von Marcus H. Rosenmüller

von Renate Wagner

Beckenrand Sheriff
Deutschland 2021 

Regie: Marcus H. Rosenmüller
Mit:  Milan Peschel, Dimitri Abold, Sebastian Bezzel, Johanna Wokalek, Gisela Schneeberger, Thomas Mraz u.a.
 
Eigentlich ärgert einem an dem Film nur der Titel, denn er klingt nach Ballermann und Krawall-Blödsinn. Dabei reiht sich dieser hoch besetzte Film von Regisseur Marcus H. Rosenmüller in ein offenbar von den Eberhofer-Filmen inspiriertes neues Genre, die fiktive bayerische Komödie. Davon gab es schon einige, und das ist ein sehr gelungenes Beispiel dafür.
Den Ort Grubberg gibt es nicht, aber im übertragenen Sinn natürlich doch, genau wie die Bürgermeisterin, den Baulöwen – und vielleicht sogar den Badewaschl fürs Freibad, wie wir Österreicher sagen würden. Die Bayern sagen Bademeister, der Betroffene besteht darauf, Schwimmmeister genannt zu werden – er ist auch kein Bayer, sondern ein Berliner (nur solche heißen Karl Kruse) und im übrigen die Art von Erbsenzähler oder O-Tüpferl-Reiter, die nie Fünf gerade sein lassen können, gnadenloser Herr über sein Reich, kurz, eigentlich ein Typ zum Abgewöhnen.
 
Aber wir sind in einer heimeligen Komödie, die so sehr „Traumfabrik“ ist, daß man gar nichts ernst nehmen muß und will. Denn wenn Milan Peschel ihn spielt, dann hat der Schwimmmeister ein zartes Seelenleben, und er darf es auch beweisen, und das nicht nur im Kampf um sein Freibad, das durch die bösen Mächte (Bürgermeisterin und Baulöwe) in seiner Existenz gefährdet ist.
Erstens trainiert im Bad eine unbegabte Truppe von Wasserballspielern, die von einer total zickigen Lady in Strenge-Herrin-Manier angepfiffen werden. Wenn man sich fragt, was Johanna Wokalek hier sucht, die man in manchen Klassiker-Rollen im Burgtheater noch in bester Erinnerung hat, so beantwortet sich die Frage bald von selbst. Sie spielt mit Lust die Lustspielrolle der Frau, die angesichts des Schwimmmeisters auftaut – und das ist absolut ein vice versa-Gefühl. Die beiden sind schlechtweg bezaubernd und machen einen großen Teil des Films aus.
Aber da ist auch noch Sebastian Bezzel, nein, diesmal nicht als Eberhofer, sondern als ausgesprochen unguter Baumeister Albert Dengler: Bezzel zeigt wieder, daß er sich nicht auf lethargische Polizisten festlegen läßt, daß er auch (mit einigermaßen gewachsenem Leibesumfang) unsympathische Typen spielen kann (wenn das Drehbuch auch ihm eine Wandlung zum Guten abverlangt – aber das ist ja nicht so schwer). Sein Töchterchen (Sarah Mahita) will nicht so, wie Papa will, aber das ist ja die Regel.
Nenne man noch Gisela Schneeberger als Bürgermeisterin, die die politische Intrige (und die Wendehalsigkeit ihres Berufs) im kleinen Finger hat, oder Rick Kavanian als Dr. Rieger (sollen wir spoilern, daß er als Enten-Kenner das Freibad rettet?), oder schließlich unseren Thomas Mraz, der hier als Dorfpfarrer eine gewaltige Show abziehen darf und sich immer wieder in den Mittelpunkt katapultiert. (Nebenbei hat auch Roland Düringer noch eine Szene als echt mieser Schlepper – Migranten zurück in die Türkei, damit man sie dort angeblich nach Kanada bringt, und her mit dem Geld und Goschen halten!)
Das alles würde für einen ganzen Film mehr als reichen. Aber eine Geschichte von heute, die etwas auf sich hält, darf an den brennenden Themen unserer Zeit nicht vorbei gehen, also haben wir unseren Migranten, Sali aus Nigeria (schlechtweg ideal verkörpert von Dimitri Abold). Er wird zum Prüfstein aller, er bringt bei allen erst das Schlechte und am Ende das wunderbar Gute hervor (wobei man sagen muß, daß der Schwimmmeister nach anfänglichem Zögern ganz ehrlich und ehrenhaft auf der Seite des Azubi ist, den seine bei der Wohlfahrt tätige Schwester ihm aufgedrückt hat).
 
Wollte man kritisch sein, was man bei einem Wunscherfüllungsfilm wie diesem einfach nicht sein darf, würde man anmerken, daß nicht alle jungen Nigerianer so hübsch sind wie dieser, so klug, anständig, liebenswert bis in die Fingerspitzen und noch dazu so gut Deutsch sprechen. Solche Exemplare gibt es wohl nur im Kino. Aber er tut der Geschichte von der Rettung des Freibades (um viel mehr geht es nicht) sehr gut, und man möchte sich eine Welt erträumen, wie sie in dem kleinen bayerischen Ort erblüht, nachdem alle sich zusammengerauft haben.
 
 
Renate  Wagner
 
Filmstart:  9. September 2021