Hat das Zeug zum Klassiker

Martin Wind Quartet – „My Astorian Queen“

von Frank Becker

Hat das Zeug zum Klassiker
 
Martin Winds Liebeserklärung an New York
 
Wenn einem soviel Gutes widerfährt…“, habe ich vor einem guten Jahr meine Kritik des damals soeben erschienenen Albums „White Noise“ des aus Flensburg stammenden Kontrabassisten Martin Wind (*1968) überschrieben. Das brandneue Album des seit 25 Jahren in den USA lebenden Musikers ist eine ebensolche Perle – und zugleich eine Liebeserklärung Martin Winds an das Land und an die Stadt New York, in denen er seine Heimat gefunden hat.
Gemeinsam mit seinen bewährten Kollegen Scott Robinson und Matt Wilson sowie seinem Mentor, dem ausgezeichneten Pianisten Bill Mays (*1944) ist er in Pennsylvania ins Studio gegangen und hat neun Stücke aufgenommen, die samt und sonders, ob nun Standards oder seine eigenen brillanten  Neukompositionen, allerhöchsten Jazz-Ansprüchen genügen.
 
Durchaus konzeptionell angelegt beginnt das Album mit Thad Jones´ Mean What You Say, bei dem die Botschaft im Titel liegt. Ein traumhafter Titel folgt mit unerhörtem Gefühl – Solitude von Martin Wind, in dem er sich ein gefühlvolles Solo auf die Saiten geschrieben hat, umrahmt von Scott Robinsons zärtlicher Klarinette und Bill Mays´ Klavier. Robinson zaubert auch am Baß-Saxophon im anschließenden Ohrwurm-Standard Broadway. Auch sein Mentor hat ein Stück beigetragen, den hochsensiblen Peace Waltz, mit federleichten Läufen und gestrichenem Kontrabaß purer Nektar für Ohr und Gemüt. Temperament kommt mit dem an Jazz Samba erinnernden È Preciso Perduar (Scott Robinson hört sich wirklich an wie weiland Stan Getz) auf und als weiteres gemütvolles Träumchen zeigt sich Martin Winds Titelstück My Astorian Queen, dessen erste zweieinhalb Minuten dem Kontrabaß gehören, bevor Klavier und Kontrabaß den Faden aufnehmen. Daß Scott Robinson auch an der Trompete ein Könner ist, zeigt er in George Gershwins There’s a Boat that’s leaving soon for New York, in dem er für Matt Wilsons feines Drumsolo den Boden bereitet. Spätestens beim Schlußlicht New York, New York, das prickelnd als Duett von Kontrabaß und Schlagzeug angelegt ist, ist der Adressat endgültig klar.
Ein ganz feines Album, welches das Zeug zum Klassiker hat – ab dem 19. November zu haben. Vormerken!
 
Ende des kommenden Oktobers kehrt Martin Wind für eine Mini-Tour von sechs Konzerten mit einem internationalen Quartett nach Flensburg, Berlin, Kiel und Kopenhagen zurück. Dann sind Ulf Meyer (g), Billy Test (p) und alternativ Heinz Lichius und Alex Riel (dr) mit ihm zu hören.
 
Martin Wind Quartet – „My Astorian Queen“
© 2021 Laika Records (CD)
Martin Wind (b) - Scott Robinson (ts, bass-sax, cl, tp) - Bill Mays (p) - Matt Wilson (dr, perc)
Titel:
1. Mean What you Say (Thad Jones) 7:36 – 2. Solitude (Martin Wind) 5:30 – 3. Broadway (Wilbur H. Bird) 6:08 – 4. Peace Waltz (Bill Mays) 7:38 – 5. È Preciso Perduar (Carlos Cequeijo & Aleivando Luz) 5:04 – 6. Out in P.A. (Martin Wind) 8:04 – 7. My Astorian Queen (Martin Wind) 5:34 – 8. There’s a Boat that’s leaving soon for New York (George Gershwin) 4:57 – 9. New York, New York (Fred Ebb & John Kander) 3:15
Gesamtzeit: 53:42
 
Weitere Informationen: www.laika-records.com