In allen vier Winden

Cyril Hofstein – „Atlas der maritimen Geschichten und Legenden“

von Frank Becker

In allen vier Winden
 
Geschichten und Mythen der Seefahrt
 
 
„Es gibt drei Arten von Menschen: die Lebenden,
die Toten und diejenigen, die zur See fahren.“
Aristoteles
 
Wer hätte als Junge nicht mit glühenden Wangen und Fernweh Geschichten von den großen Abenteuern der Seefahrt verschlungen – Bücher mit Titeln wie „Land in Sicht“ oder „In allen vier Winden“ waren der Stoff, aus dem die Träume von Entdeckungen und Eroberungen, von Seeräubern und Freibeutern, heldenhaften Kapitänen und Schurken, vor allem aber von der Weite der Weltmeere, von fernen Ländern, fremden Küsten und der salzigen Luft der Ozeane waren. Den „Störtebeker“ mit seinen Vitalienbrüdern, den „Robinson Crusoe“, „Die Schatzinsel“ und die Entdeckungsreisen von James Cook und John Franklin haben wir ebenso gelesen wie Thor Heyerdahls aufregende Fahrt mit der Kon-Tiki. Und es mußten Segelschiffe, Windjammer  sein: Galeonen und Briggs, Koggen und Caravellen, Linienschiffe und Clipper, Barks und Schoner.
 
Es gab noch weiße Flecken auf der Landkarte, als sich die Geschichten abspielten, die uns so fesselten. Und so war es auch in den Zeiten, von denen Cyril Hofstein in seinem herrlichen Buch „Atlas der maritimen Geschichten und Legenden“ erzählt, das soeben im Dumont Buchverlag erschienen ist. Hofstein greift tief in die Schatzkiste mit historischen Überlieferungen und maritimen Legenden und serviert seine Auswahl von Seeschlachten, Schiffsuntergängen, Goldschätzen auf dem Grund des Meeres, gescheiterten Entdeckungsreisen mit berühmt-berüchtigten Kapitänen und unfähigen Admirälen in kompakter Form. Er reduziert die Geschichten aufs Wesentliche, sodaß man sich bei der Lektüre nie an Weitschweifigkeiten stößt, bleibt sachlich und präzise, jedoch nicht ohne einen leisen Hauch von Humor, wenn der denn bei all den Katastrophen angemessen ist. Ein reines Vergnügen.
Kein Vergnügen jedoch ist bei wunderbarer Typographie der viel zu helle, fast hellgraue Satz auf leicht chamois getöntem Papier. Das macht das ansonsten höchst vergnügliche Lesen ebenso anstrengend wie das Betrachten der optisch und farbig ebenso ungeschickt gestalteten Seekarten, die den Geschichten beigegeben sind. Macht zwei Minuspunkte, die den Band unser Prädikat, den Musenkuß zwar kosten, unsere Empfehlung aber nicht. Dieses Buch gehört unter manchen Weihnachtsbaum.
 
Cyril Hofstein – „Atlas der maritimen Geschichten und Legenden“
Aus dem Französischen von Nina Goldt – mit Illustrationen von Karin Doering-Froger
Originalverlag: Arthaud, Originaltitel: Atlas des Fortunes de Mer   
© 2021 Dumont Buchverlag, 131 Seiten, 35 farbige Abbildungen, Halbleinenband,  Lesebändchen, -  ISBN 978-3-8321-6901-5
25,- €
 
Weitere Informationen: www.dumont-buchverlag.de