Die heilige Dreieinigkeit: Orgeln im Bergischen Land (1)

Die Klosterkirche St. Maria in Beyenburg

von Johannes Vesper

Orgel St. Maria in Beyenburg - Foto © Johannes Vesper
Die heilige Dreieinigkeit:
Orgeln im Bergischen Land (1)
 
Unesco-Kulturerbe zwischen Wupper und Dhünn
 
In Wuppertal gibt es eines der wenigen Unternehmen, die mit gebrauchten Pfeifenorgeln handeln. Von Langeoog bis Nizza, in England und Polen werden Orgeln gelegentlich nicht mehr gebraucht, abgebaut und wiederverkauft. In Deutschland gibt es immerhin noch knapp 50.000 Orgeln. Wurden hier 1983 noch 80 Orgeln in Deutschland mit einer Gesamtzahl von knapp 1200 Registern neu gebaut, waren es 2013 noch 18 mit insgesamt 380 Registern. Auch weltweit werden neue Orgeln immer noch gebaut. 2018 weihte die berühmte lettische Organistin Iveta Apkalna, deren Konzert hier in der Historischen Stadthalle im Januar Corona zum Opfer gefallen ist, eine der größten Orgeln Asiens (9085 Pfeifen, 125 Register, 3 Spieltische) in Weiwuying (Taiwan) ein. Das Instrument stammt fast aus dem Bergischen Land, wurde es doch von Johannes Klais in Bonn gebaut.
 
Seit 2017 gehört die Orgel zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Erstmalig hatte Ktesibios im 3. Jahrhundert vor Christus in Alexandria eine Orgel konstruiert, bei der Winddruck durch Wasserfluß reguliert wurde. Bevor die Orgel in die Kirchen Mitteleuropas gelangte, ließ sich Pippin der Kurze (714-768), der Vater Karls des Großen, eine Hausorgel auf seinem Landsitz in Compiègne aufstellen. Im 9. Jahrhundert sind Orgeln, meist tragbare Kleinorgeln (Portative oder etwas größere Positive), schon in Aachen, Köln, Freising und Canterbury bezeugt. Im hohen Mittelalter dann werden Orgeln überall in Zentraleuropa gebaut (z.B. Erfurt, Magdeburg, Paris, Rouen). Als die älteste deutsche, noch spielbare Orgel gilt die Orgel von St. Andreas in Ostönnen, als zweitälteste die der Rysumer Kirche, die um 1450 erbaut und mit „vette beesters“, also fetten Rindern, bezahlt worden ist.
 
Die Älteste

Zu dieser Zeit rauschten im Bergischen Land noch die Wälder, die Nachtigall sang, und die Finken schmetterten in schattigen Eichen. Erstmals wurde hier 1693 eine Orgel schriftlich dokumentiert, und zwar die Orgel der Klosterkirche St. Maria in Beyenburg. Bruder Dirk, der letzte des Kreuzherrenordens erzählt: „Lange vor dieser Orgel hatten wir hier aber schon einen Organisten namens Frater Johannes von Dortmund. Der starb 1572.“ Nach Bränden (1618 und 1678) sei die spätgotische Klosterkirche unter anderem mit der Orgel und ihrem prächtigen Prospekt ausgestattet worden. Er ist mit Hauptwerk und Rückpositiv erhalten. Große Baßpfeifen bilden den zentralen Turm der geschwungenen Orgelfassade. Rechts und links daneben finden sich, getrennt durch Schmucksäulen, die Pfeifenfelder des Hauptwerks, an die sich wieder turmartig Prospektpfeifen anschließen. Trompetenengel strahlen in barockem Glanz vom Dach der Pfeifentürme herunter, und zwar mit wehendem, goldenem Flor, „wegen der Keuschheit“, schmunzelt Bruder Dirk, „und der Engel, der den zentralen Pfeifenturm unterstützt, guckt etwas übellaunig, da er die ganze Orgel tragen muß.“ Gruselig-ironisch schauen verfremdete Gesichter aus den Ornamenten der Brüstungsfelder der Empore. „Vielleicht hatte der Kunstschreiner ja Migräne, als er daran gearbeitet hat.“ Das heutige Orgelwerk, dessen 50-jähriges Jubiläum kürzlich gefeiert wurde, stammt von Romanus Seifert aus Kevelaer, der unter anderen die im Mindener Dom gebaut hat. Die Orgel in Beyenburg ist zwar die älteste, aber bei weitem nicht die einzige historische Orgel zwischen dem Altenberger Dom und der Historischen Stadthalle in Elberfeld.


Orgel St. Maria in Beyenburg - Foto © Johannes Vesper


Folgen Sie am kommenden Sonntag unserem Autor auf den Spuren des
Orgelbauers Teschemacher zur Chororgel von St. Laurentius in Wuppertal.