Die heilige Dreieinigkeit: Orgeln im Bergischen Land (5)

Die Orgeln der Lutherischen und der Reformierten Kirche in Radevormwald

von Johannes Vesper

Lutherische Kirche Radevormwald - Foto © Karl-Heinz Krauskopf 

Die heilige Dreieinigkeit:
Orgeln im Bergischen Land (5)
 
Unesco-Kulturerbe zwischen Wupper und Dhünn


Die Königliche
(Lutherische Kirche Radevormwald)
 
Radevormwald erhielt als bedeutender Rodungsort der Grafschaft Berg schon seit dem 14. Jahrhundert Stadtrechte. Bis zum Jahre 1707 mußten die Radevormwalder Lutheraner zum Gottesdienst nach Remlingrade gehen, reiten oder fahren, bevor sie ihre eigene Kirche bauen durften, und zwar nach der Vorschrift des katholischen Kurfürsten in Düsseldorf in gehöriger Entfernung von der katholischen Kirche. Nach dem großen Stadtbrand von 1802, der nahezu alle Gebäude zerstörte, wurde die Kirche als Bruchsteinsaal mit großen Rundbogenfenstern und „welscher Haube“ schnell wiederaufgebaut.
Im Inneren ist die bergische Anordnung der Prinzipalstücke in den Farben, Weiß, Grau, Grün und  wenig Gold ein Meisterstück spätbarocker bzw. früh-klassizistischer Innenarchitektur im wahrsten Sinnen des Wortes. Die Kanzel schwebt über dem Altar vor einer sich aus der östlichen Altarwand herauswölbenden Sakristei. Die Orgelempore darüber, versehen mit Schnitzwerk in Form drapierter Tücher, wird von vier korinthischen Säulen mit goldenen Kapitellen gestützt und stammt von Radevormwalder Handwerkern aus der Zeit um 1813. In der Girlandenkrone des Kanzeldachs schwebt der goldene Erdball mit Kreuz. Endlich türmt sich auf der Empore als Krone bergischer Dreieinigkeit die zweistöckige, klassizistische Orgel auf. Zwei Karyatiden fassen das Positiv ein und tragen die beiden seitlichen Pfeifentürme. Pfeifenfelder in der geschwungenen Fassade umrahmen den zentralen, kleineren Pfeifenturm. Und ganz oben schlägt der fast lebensgroße König David seine goldene Harfe. Hier reißt die Musik seit Martin Luther und Johann Sebastian Bach den Gläubigen den Himmel auf und vertreibt ihnen die Depressionen wie dem König Saul vor 3000 Jahren.
 
Dabei muß sich der König aber mit seinen Trompetenengeln unter das Tonnengewölbe des Daches ducken. Die Orgel war 1783 für die größere Düsseldorfer Kreuzbrüder Kirche vom niederrheinischen Orgelbauer Abraham Itter aus Kevelaer gebaut und kam 1813 für 400 Taler nach Radevormwald.
Die heutige Orgel (Karl Schuke Berlin) hat insgesamt 1.857 Pfeifen und 29 Register, zwei Manuale, ein Pedal und wurde 1980 in den historischen Prospekt eingebaut. Die sichtbaren Orgelpfeifen, noch von 1898, aus hellem 14-lötigen Zinn sind nicht künstlich patiniert. Die Vorgängerin, eine selten gebaute Röver-Orgel, hatte auch im Hinblick auf ihre pneumatische Traktionstechnik nicht mehr repariert werden können.
 

Reformierte Kirche Radevormwald - Foto © Karl-Heinz Krauskopf 

Die reformierte Kirche Radevormwald am Marktplatz war nach dem Stadtbrand 1802 ebenso wiederaufgebaut worden und erhielt 1826 eine neue Orgel. Diese Orgel und ihr Prospekt hat Christian Rötzel aus Alpe im Oberbergischen entworfen und der Radevormwalder Möbelschreiner Karthaus gebaut. Der Aufbau der Prinzipalstücke in bergisch-klassizistischem Stil scheint hier in schlichterer, aber eleganter Ausführung derjenigen aus der lutherischen Kirche nachgebaut. Die Orgel hat 25 Register und 1414 Pfeifen.
 
 
Begleiten Sie am 1. Weihnachtsfeiertag unserem Autor zur Beckerath-Orgel
der Reformierten Gemeinde in Lüttringhausen.