Charlie Parkers musikalischer Reichtum

Wolfgang Schmidtke Orchestra – „Bird“

von Frank Becker

Bird
 
Eine Hommage an Charlie Parker

Der Multi-Instrumentalist, Komponist und Arrangeur Wolfgang Schmidtke gehört zu den besten deutschen Bandleadern und Saxophonisten. Sein Spektrum reicht vom Mainstream bis zum kompromißlosen Free Jazz. Seine Konzertreihen mit einzigartigen Gästen sind seit Jahrzehnten ein Magnet für Jazzfreunde. Nach zwei beachtenswerten Konzert- und CD-Tributen an Thelonious Monk hat sich Wolfgang Schmidtke mit seinem international besetzten Orchester im vergangenen Jahr intensiv mit dem Werk Charlie Parkers auseinandergesetzt. Neben den wenigen während der Pandemie möglichen öffentlichen Konzert-Auftritten hat er nun eine Tribut-CD für Charlie Parker veröffentlicht, mit der er die musikalische Sprache von Charlie Parkers Bebop für das Format seiner Bigband übersetzt hat: „Bird“.
Die vier Charlie Parker-Titel und zwei eigene Kompositionen der CD (The Blackbird Speaks, Die Ankunft von Artur) präsentieren in großen Arrangements von epischem Format und mit hervorragenden Solisten zugleich Parkers musikalischen Reichtum und Wolfgang Schmidtkes brillante Kunst.
 
Wolfgang Schmidtke über Charlie Parker: „Es gibt in der Kunst bisweilen Persönlichkeiten, bei denen es uns unmöglich ist, den Menschen - die einfache Existenz - und sein Werk in Relation zu bringen. Mozart ist so ein Rätsel, egal, ob wir ihn lieben, oder nicht, setzten wir nur die Zahl an Notenblättern, die er schrieb in Verbindung zu seiner Lebenszeit, tun sich große Fragen auf - wann hat er das, wie geschafft? Wenn es im Jazz eine Figur gibt, die ähnlich unerklärbar bleibt, dann ist das Charlie Parker. Er hat recht spät, mit 17 Jahren, begonnen Saxophon zu spielen und hat weder auf diesem Instrument, noch allgemein musikalisch so etwas wie eine fundierte Ausbildung bekommen. Trotzdem hat er das Saxophon so virtuos gespielt wie niemand zuvor, und mit seinen melodischen Ideen hat er das Vokabular des Jazz vermutlich stärker geprägt, als jeder andere. Das Wort 'Mainstream' wird gern abfällig genutzt, für Spielarten des Jazz, die relativ leicht verstehbar sind, da sie sich eines oft genutzten musikalischen Vokabulars bedienen. Da ist aber rein gar nichts negativ einzuschätzen. Eine ständig genutzte Umschreibung von Musik generell ist, daß sie eine universelle Sprache ist. Der Umgang mit Sprachen macht aber nur Sinn, wenn ich in der Lage bin, sie zu sprechen und sie zu verstehen. Charlie Parker hat so viel zu Syntax und Grammatik des Jazz beigetragen, daß es eigentlich keinen zeitgenössischen Jazzmusiker gibt, der nicht in einer Relation zum Jargon des Bird steht, mal direkt, mal in Anklängen. Natürlich ist es für jede Sprache wichtig, sich mit den Zeitläuften zu wandeln, sonst wäre sie nicht in der Lage, die Atmosphäre, die Realität der Gegenwart zu beschreiben. Diese Wandlungsfähigkeit und der Wille zur Veränderung machen den Dialekt Charlie Parkers aus. Seine harmonische Weitsicht und rhytmische Raffinesse hatten zu ihrer Zeit eine wahrhaft verstörende Wirkung. Sich seinen melodischen Linien zu widmen, ist ein großes Vergnügen, sie dabei ins Jetzt zu transferieren, eine Verantwortung ihm, Bird, gegenüber.“ (Redaktion: Frank Becker)
 
Wolfgang Schmidtke Orchestra – „Bird“
© 2021 jazzwerkstatt
Wolfgang Schmidtke (ts, ss, arr, comp) – Ryan Carneaux, John-Dennis Renken, Nikolaus Neuser (tp) – Gerhard Gschlößl, Tobias Wember, Matthias Muche (tb) – Peter Cazzanelli (btb) – Kristina Brodersen (as) – Denis Gäbel (ts) – Helga Plankensteiner (bs) – Michel Lösch (p) – Haro Eller (b) – Bernd Oezsevim (dr)
 
Titel:
1 Yardbird suite - 2 Anthropology - 3 The blackbird speaks - 4 Die Ankunft von Artur - 5 Confirmation - 6 Relaxin at Camarillo
Gesamtzeit:  1:10:00
 
Weitere Informationen: www.jazzwerkstatt.eu