„Das Magazin“ - Geheimtip der DDR-Zeitschriften-Kultur

Manfred Gebhardt – „Die Nackte unterm Ladentisch“

von Frank Becker

„Das Magazin“ –
Geheimtip der DDR-Zeitschriften-Kultur
 
Erinnerungen eines Beteiligten
 
Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Autofahrten auf der Transit-Autobahn durch die DDR in den 1970er un d 80er Jahren und an die kurzen Pausen an den Raststätten, wo man als Westler mitunter das Glück hatte, am Zeitungskiosk das seinerzeit höchst begehrte DDR-Monatsheft „Das Magazin“ oder die Satire-Zeitschrift „Eulenspiegel“ (beides „Bückware“) erstehen zu können – gegen harte D-Mark West selbstverständlich. „Das Magazin“, vielleicht vergleichbar mit der „Gondel“, dem „Exquisit“ oder dem „Paprika“ der 1950er/60er Jahre im Westen, war eine wirkliche Rarität, weil auch in der DDR äußerst begehrt und nur begrenzt erhältlich. „Das Magazin“ brachte anspruchsvoll Literatur, Fotografie und Feuilleton, Cartoon und Humor, Berichte über Film und Musik an den Leser und die Leserin. Über die Kontaktanzeigen wird sicher die eine oder andere mehr oder weniger dauerhafte Beziehung zustande gekommen sein. Ein Abonnement zu bekommen war ein Hauptgewinn.
 
Die zauberhaften Ostsee-Akte und die  klassische Studio-Fotografie im Heft wurden neben vielen anderen von Foto-Enthusiasten wie u.a. Gerd Rattei, Klaus Ender, Frank Schenke, Günter Rössler oder Klaus Fischer beigetragen, Zeichnungen z.B. von Thomas Schleusing, Kurt Klamann, ADAM oder Mario Lars. Vor allem aber prägte Werner Klemke (1917-1994) das Bild des Monatsmagazins von 1955 bis 1990 mit seinen herrlichen Titelblättern, die unsere Musenblätter-Leser ja seit vielen Jahren jeden Montag wiedersehen können, ebenso wie die Zeichnungen von Kurt Klamann und Thomas Schleusing sowie die stimmungsvollen Aktfotos von Gerd Rattei, Klaus Ender, Frank Schenke, Günter Gueffroy und vielen anderen.
 
Das erste „Magazin“ der DDR erschien im Januar 1954 war für den Arbeiter- und Bauern-Staat eine kleine Sensation. Etwas pikantes Neues war in die bis dahin gleichgeschaltete  Presselandschaft getreten. Nicht, daß die SED nicht auch hier die Kontrolle behielt, aber ein neuer frecher Ton, ein neuer Blick und eine erfischende Prise Witz mit Charme hielt Einzug. Und vor allem gab es jeden Monat anfangs ein künstlerisches Aktfoto – später wurden es mehr. Das alles auf Beschluß der Partei und unter der Lizenz der DDR-Regierung. So etwas hatte es noch nicht gegeben. In der DDR nicht und in keinem sozialistischen Land. Ein Hauch von Freiheit.
 
Manfred Gebhardt, Journalist und einer der „Väter“ dieses Magazins hat seine verklärten Erinnerungen an dessen Geschichte 2006 in sein Buch „Die Nackte unterm Ladentisch“ gegossen, das jetzt in leicht veränderter Auflage erneut vorliegt. Der etwas kokettierende Titel erfüllt allerdings nicht, was er verspricht, denn die nur redlich wenigen Illustrationen in zudem nicht gerade repräsentativer Auswahl gehen im durchaus unterhaltsamen Text-Wust schier unter. Was gänzlich fehlt sind eine Chronologie und für ein solches Buch unabdingbarer Sach- und/oder Namens-Index.
 
Manfred Gebhardt – „Die Nackte unterm Ladentisch“
© 2022 NoRa Verlag, 187 Seiten, Broschur, einige Illustrationen – ISBN: 978-3-935445-41-2
15,50 €
 
Weitere Informationen: www.bebug-verlage.de/