Für besondere Dino-Begeisterung kein Anlaß

„Jurassic World: Ein Neues Zeitalter“ von Colin Trevorrow

von Renate Wagner

Jurassic World: Ein Neues Zeitalter
(Jurassic World 3: Dominion USA 2022)

Regie: Colin Trevorrow
Mit: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Isabella Sermon, Laura Dern,
Sam Neill, Jeff Goldblum u.a.

Noch nie, so scheint es, wurde das wöchentlich neue Filmangebot so sehr von „kleinen“, teilweise zweifellos ambitionierten, aber sehr von Spezialinteressen diktierten Werken bestimmt. Was das große Geschäft (die großen Kinos mit ihren noch immer vorhandenen Riesensälen) aber braucht, sind die Blockbuster. Tom Cruise allein kann mit dem „Top Gun“-Aufguß nicht einen ganzen Sommer bestücken. Also holt man wieder einmal die Dinosaurier hervor, denen Steven Spielberg vor 30 Jahren zum Welterfolg verhalf, nachdem die Digitalisierungskünste sie „lebendig“ gemacht hatten.
Und außerdem – Steven Spielberg hat von 1993 bis 2001 eine Jurassic-Park-Trilogie in die Kinos gebracht. 2015 begam man erneut (Dinos auf einer Insel in einem Vergnügungspark), setzte 2018 fort (Dinos verbreiten sich auf der Welt), da ist nach Hollywood-Gesetzen schon noch ein Film drin, der die Trilogie komplettiert und noch einmal das große Geld einbringt. Vor allem, wenn man nun – für die Oldies unter den Zuschauern – neben den neuen Stars der zweiten Trilogie (Chris Pratt, Bryce Dallas Howard) noch die Klassiker der ersten Streifen an Bord holt – Laura Dern, Sam Neill, Jef Goldblum, das waren noch Zeiten.
 
Viel Neues fällt den Drehbuchautoren natürlich nicht ein, und das Wiederkäuen bekannter Handlungselemente macht diesen Film ziemlich dröge. Ob die Dinos nun gut oder böse, lieb oder gefährlich sind, hat man schon fünf Filme lang diskutiert, allerdings natürlich nicht ernsthaft (denn das Problem wird sich der Realwelt nicht stellen). Grundsätzlich sind wir gerade heute auf der Seite der von den Menschen beschädigten Natur, aber wie sollten sich Menschen und Dinosaurier wirklich friedlich eine Erde teilen?
Vor allem müssen die Dinos aus dramaturgischen Gründen beides sein, unsere Anteilnahme haben und uns das Fürchten lernen, um der Handlung willen. Zwar haben sie sich in diesem Film so sehr ausgebreitet, daß sie faktisch überall auf der Welt zu finden sind, aber die guten Wissenschaftler stehen fast an ihrer Seite: „Dinosouars can teach us more about ourselves“, davon sind sie überzeugt. Aber es gibt natürlich auch die bösen Wissenschaftler, deren Versuche mit Dino-DNA zu nichts Gutem führen sollen…
Denn die Menschen wären nicht die Menschen, würden sie nicht skrupellos alles ausnützen, was ihnen unterkommt – also, Dinosaurier dazu einsetzen, „Feinde“ zu bekämpfen und die eigene Vormacht sichern. Der Mensch als Raubtier – das ist wohl nicht so falsch. Daß die Dinos aber auch brandgefährlich sind, ist klar, also Gegner, die einen auch ohne weiteres mit ihren Riesenmäulern auffressen (ungeachtet dessen, wie süß Dino-Babys sind…).
 
Die Handlung, wirr genug und schrecklich mit teils unnötigen Figuren überfrachtet, sieht also vor, daß ein natürlich grundböser Weltkonzern namens Biosyn Genetics nicht nur per Gen-Manipulationen die Weizen-Ernte zerstört (was uns angesichts der gegenwärtigen Weltsituation eine Gänsehaut anderer Art beschert), sondern auch ein junges Mädchen sucht und entführt: Denn diese Maisie Lockwood ist einst geklont worden (!) und bietet folglich kostbares Forschungsmaterial. Mit der 15jährigen Isabella Sermon stößt da ein schönes, ernsthaftes, junges Gesicht mit seelenvollen Augen in den Mittelpunkt des Geschehens vor. Als Adoptivtochter der einstigen Dino-Hüter Claire und Owen, setzt das die beiden Hauptdarsteller der zweiten Trilogie in Gang: Dabei glaubt man der schönen rothaarigen Bryce Dallas Howard ihr Engagement, während Chris Pratt nur sein statuarisches gutes Aussehen und seinen Namen (ist er nicht ein Schwarzenegger-Schwiegersohn?) einbringt.
Auf Forschungsebene gibt es die erwähnten alten Bekannten, wobei Laura Dern mit wilder blonder Miene so tut, als sei die Zeit stehen geblieben, während Sam Neill mit weißem Haar und Bart zugibt, daß 30 Jahre eine lange Zeit sind. Und immer hatte Jeff Goldblum die beste Rolle, und das ist schließlich zeitlos.
Auch wenn die Handlung im Bond-Stil von einem Ort zum anderen jagt (allerdings letztlich doch eher bescheiden zwischen den USA, Malta und den Dolomiten), hat sie wenig Substanz, obwohl Regisseur Colin Trevorrow ein Händchen für Action beweist – gute alte Hetzjagden, der Mensch im Auto oder auf dem Motorrad, und die flott galoppierenden, fast fliegenden Dinos hinter ihnen her, das hat schon was. Es gibt unter ihnen auch viele verschiedene Spezies (damit sich die kleinen Kinder freuen), aber es wurde allgemein festgestellt, daß die Dinosaurier eigentlich eine zu geringe Rolle in dem verwirrenden Spektakel zugeteilt bekommen haben.
 
Nach viel Pathos und zu rauschender Musik gibt es schließlich ein harmonisches Ende – freundliche Dinos von guten Menschen für die freie Wildbahn gerettet. Und somit könnte man es mit diesem Teil der Triologie langsam gut sein lassen mit den Viecherln. Aber, wie man weiß – gewisse Monster, ob Godzilla, King Kong oder eben die Spielberg-Dinos , sind – es steht zu befürchten – Leinwand-unsterblich.
Übrigens: die Kritik, national und international, kann sich nicht entscheiden, ob es ein würdiges oder ein enttäuschendes Finale der zweiten Trilogie war. Für besondere Dino-Begeisterung ist jedenfalls kein Anlaß.
 
 
Renate Wagner