Die Hohe Schule des Bossa Nova

Ron Carter - "Jazz & Bossa"

von Frank Becker
Obrigado!

Ron Carter, in diesem Jahr 71, gehört zu den Giganten am Kontrabaß. Die Arbeit mit Chico Hamilton, ERic Dolphy, Don Ellis, Cannonball Adderley, Mal Waldron und Thelonious Monk spülte ihn in der Welt des Modern Jazz ganz nach oben. Als er 1963 in der Band von Miles Davis Paul Chambers ersetzte, erreichte er eine Gipfelhöhe, auf der er seitdem geblieben ist. Es gibt kaum eine prominente Formation, in der er nicht mit seinem Baß Spuren hinterlassen hat: Sonny Rollins, V.S.O.P., Freddie Hubbard, Cedar Walton oder Wynton Marsalis.

Natürlich ist die Liste (auch der eigenen) Alben lang. Ganz aktuell kommt zum Jazz-Thema dieses Jahres ein Album hinzu, mit dem er dem Bossa Nova huldigt, wie es ja heuer einige der Großen tun und getan haben. Seine Band ist mit dem Tenorsaxophonisten Javon Jackson und dem Pianisten Stephen Scott erstklassig besetzt, hat mit Portinho einen versierten Schlagzeuger und auch mit dem brasilianischen Gitarristen Guilherme Monteiro - Schüler von u.a. Joe Diorio und Clark Terry - und dem Percussionisten Roland Morales-Matos, der zum Kern von Carters Band gehört, eine gute Wahl getroffen. Das in virtuoser Unbeschwertheit aufspielende Ensemble verbreitet gute Laune in der besten Tradition der legendären Anfänge mit Stan Getz, Charlie Byrd, Keter Betts und Buddy Deppenschmidt, die mit "Jazz Samba" eine Woge ausgelöst haben, die noch immer anhält. Ganz oben auf der Schaumkrone dieser Welle surft völlig unprätentiös und brillant das Album "Jazz & Bossa". Carters Titel "Obrigado" ist ein in allen Farben Brasiliens schillerndes Beispiel für die perfekte Verschmelzung von Jazz und Bossa.

Die swingende Leichtigkeit ruft schon Erinnerungen an Stan Getz und seine Bossa-Alben wach - ein Kompliment für Carter & Co., denn besser geht´s einfach nicht. Ein Solitär ist Antonio Carlos Jobims "Wave" mit dem herrlichen Dialog zwischen Carters Baß und Monteiros Gitarre. Und auch Javon Jackson zaubert Mal um Mal die große Zeit des Jazz-Bossa Nova zurück, so in Ron Carters Kompositionen "Ah, Rio" und "De Samba" (Carter hat für das Album vier neue Stücke geschrieben). Mit "Por-de-sol",
ebenfalls Carter, hat sich der Altmeister ein spritziges Stück auf die Saiten seines Kontrabasses geschrieben und gibt ebenfalls Javon Jackson ein gutes Stück vom Kuchen ab. Ein anderer schöner Dialog entwickelt sich in Benny Golsons "Whisper Not", in dem sich Jackson und Scott den Ball zuspielen, während Carter im Hintergrund den Baß seelenvoll singen läßt. Hohe Schule - ein feines Album.
Beispielbild

Ron Carter
Jazz & Bossa

Ron Carter  -  Kontrabaß
Javon Jackson  -  Tenorsaxophon
Stephen Scott  -  Klavier
Guilherme Monteiro  -  Gitarre
Portinho  -  Schlagzeug
Roland Morales-Matos  -  Percussion

Produziert von Ron Carter für Retrac Productions Inc.

(P) + © 2008 Somethin´ else/ EMI Japan / Blue Note

Titel:
1. Salt Song   8:48
2. Whisper Not   5:56
3. Por-de-sol   5:51
4. De Samba   6:22
5. No More Blues   3:57
6. Obrigado   3:16
7. Ah, Rio   4:02
8. Wave   5:43
9. Saudade   2:09

Gesamtzeit:   46:18

Weitere Informationen unter:
www.bluenote.com