Was wir vom Paderborner Brot lernen können

von Erwin Grosche

Foto © Bäckerei Kloke, Paderborn

Was wir vom Paderborner Brot lernen können
 
Was wird vom Paderborner Brot lernen können: Das Paderborner Brot bleibt gern im Hintergrund. Alles was auf ihm ruht, kann sich entfalten. Dem kleinporigen Sympathieträger reicht es zu dienen und für andere da zu sein. Es ist der Eugen Drewermann unter den Brotsorten, die Gudrun Lump* unter den Backwaren, die IG Metall der Herzen und der Jugendliche, der einem ungefragt die Domtür aufhält.
Was wir vom Paderborner Brot lernen können: Wer vor Augen hat, wie das Paderborner Brot, Laib an Laib liegend, Laib mit a-i geschrieben, im Backofen auf seine Bräunung wartet, sieht einem Strandtag auf Mallorca gelassen entgegen. Der Tourismus erkannte schon früh, daß es nicht zweckmäßig ist sich zu lange, Leib an Leib liegend, diesmal Leib mit e-i-geschrieben, der Sonne auszusetzen. Da das Brot gleichzeitig von oben und unten gebräunt wird, muß der umdenken, der nur eine Seite der Sonne aussetzt, und sich umdrehen. Dieses Drehen vom Rücken auf den Bauch und vom Bauch auf den Rücken wird eine Paderborner Drehung genannt. So profitiert auch der Massentourismus von der Backweise des Paderborner Brots.
Was wird vom Paderborner Brot lernen können: Die Gelassenheit der Paderborner entsteht durch den Umgang mit dem geschätzten Roggenmischbrot. Ein Paderborner Brot verschlingt man nicht, kaum hat es die Brottüte verlassen, man genießt es erst mit den Augen und tastet dann behutsam seine Oberfläche ab. Erst am Tag darauf gibt man sich dieser so entstandenen Geschmacksverbindung hin. So wie Gläubige auf die Vereinigung zweier Seelen warten können, bis der kirchliche Segen gesprochen wurde, verschonen auch Brotliebhaber den jungfräulichen Brotlaib und handeln nicht übereilt. Das können sie mit einem Baguette machen, einem Kassler oder einem Pumpernickel. Ein Paderborner Brot will „nein“ sagen dürfen. Fragen sie ihren Bäcker oder Konditor, der weiß Bescheid. Es gibt Brote, die sollte man erst nach einer Woche essen, andere drängeln sich auf und verlangen nach einer sofortigen Beachtung. Das Paderborner Brot entfaltet seinen Geschmack am zweiten Tag. Wer sich darauf einläßt, wird belohnt werden durch ein überirdisch leckeres Bütterken.
Was wird vom Paderborner Brot lernen können: Oft muß man bei Broten Scheibe um Scheibe schneiden, bis das Brot so passend ausfällt, daß man es ohne Verluste belegen kann. Da kommt das Paderborner Brot gerade recht. Die Größe bleibt konstant, sodaß schon der Knust belegt werden kann. Da ist das Brot und da ist der Käse, der Rest ist Geschichte. Da paßt der Deckel auf den Topf. Selbst die runde Salami fühlt sich auf einem Paderborner Brot optimal in Szene gesetzt. Es bleiben vier salamifreie Flächen über, Nothaltebuchten, in denen das Brot von Vegetarierinnen festgehalten werden kann, ohne daß sie von der Wurst kontaminiert wurden. Das nennt man eine Salamitaktik. Das ist wie das Auflegen einer LP auf einen Plattenteller. Da kommt Musik raus und jeder Biß ist Rock`n Roll.
Was wir vom Paderborner Brot lernen können: Ein frisches Paderborner riecht wie die Erde nach dem Sommerregen in der Südstadt, wenn der heiße Straßenbelag noch dampft und alles unwirklich erscheint. Es duftet wie der Bäcker, der kurz vor die Bäckerei getreten ist, um sich das Mehl aus den Haaren zu schütteln, das sich auf ihm bei der Arbeit niedergelassen hat. Gibt es etwas Schöneres als einen Mann, der mit einem Paderborner Brot durch die Straßen zieht und jemanden sucht, der es mit ihm teilt? „Ist das ein Paderborner, was sie da tragen? „Ja, es ist noch ganz frisch.“ „Oh, sie Schlawiner“ Das Paderborner Brot ist mehr als ein Brot. Es ist freundlich und gibt sich hin.
Manche nennen das Paderborner Brot nur Graubrot, weil sie sich der Aneignung einer anderen Kultur nicht schuldig machen wollen. Nennen sie ihr Graubrot ruhig Paderborner Brot. Die Paderborner freuen sich, wenn ihr Brot so genannt wird, auch wenn es nicht mit Paderwasser gebacken wurde. Teilen wir es mit denen, die hungrig sind, und danken den Bäckern, daß wir etwas haben, das die Welt zu einem besseren Ort macht. Danke Bäcker Hermisch, danke Bäcker Kloke, danke Bäcker Mertens, danke Bäcker Lange, danke Bäcker Goeken, danke allen anderen Bäckern und Broteschleckern.**
 
 
Man kennt es in der ganzen Welt
weil es gut schmeckt für wenig Geld
man es mir auch in Rom anbot
das gute Paderborner Brot
 
So schön von hinten und von vorn
gebacken mit viel Weizenkorn
und wenn man`s lobt, wird es ganz rot
das gute Paderborner Brot
 
Natürlich hat ein Bäcker auch
noch andre Sorten im Gebrauch
Mit Roggen backt er und mit Schrot
doch Hit bleibt´s Paderborner Brot.
 
Man ißt es in der Deutschen Bahn
im Flugzeug bot man es mir an
ich aß es auch in einem Boot
das gute Paderborner Brot
 
Das Paderborner ist wie wir
drum essen wir es gerne hier
es sorgt für Glück, alles im Lot
das gute Paderborner Brot
 
Und zieh ich einmal von hier fort
dann gebe ich darauf mein Wort
ich träume dann im Abendrot
vom guten Paderborner Brot
 
Und steht der Tod mal vor der Tür
- da können wir doch nichts dafür -
und fragt, was nimmst du mit zu mir
dann sag ich tschüß zu Frau und Tier
Betrink mich nochmal wie ein Schlot
und packe ein ein gutes Brot
das gute Paderborner Brot
 
 
*Paderborner Tierschützerin
 
**Bäckerei Kloke, Bäcker Mertens, Bäcker Goeken, Bäcker Lange und Bäcker Hermisch.....sind Bäcker, die Paderborn zu dem gemacht haben, was es heute ist. Natürlich gibt es noch andere Bäckereien in der Paderstadt, die erwähnenswert wären, aber da reichte der Platz nicht aus
 
© 2022 Erwin Grosche
 
Erwin Grosches Web-Seite: www.erwingrosche.de