Wutnudeln

von Detlef Färber

Detlef Färber - Foto © Silvio Kison
Wutnudeln
 
Was für ein Name! Wutbürger heißen Leute aus dem württembergischen „Ländle“ längst im ganzen Land. Der Schwabe, heißt es, habe die Gabe, in Nullkommanichts von null auf hundert aufzubrausen. Noch schneller also als der schnellste Zug aus dem modernsten Bahnhof düst. Allerdings haßt der Schwabe modernste Bahnhöfe. Doch weiß keiner, wo seine Wut herkommt. Bei der Suche nach deren Ursachen gibt es aber inzwischen eine heiße Spur. Ich selber bin, eher zufällig, unterwegs in einem Schnellrestaurant auf sie gestoßen. Auf die Frage, ob ich zum Gulasch Spätzle will, sage ich - der ich sonst nie welche esse - mal nicht schnell genug nein. Und gutmütig, wie ich bin, schaufle ich dann sogar den ganzen Teller Schwaben-Nudeln in mich rein.
       Kurz darauf geschieht mit mir Abenteuerliches: Befremdliches! Auf der Rückfahrt bin ich übellaunig und hupe wild um mich. Im Büro falle ich durch Rechthaberei auf. Ja, sogar Klugscheißerei wird mir sonst so schlichtem Menschen plötzlich vorgeworfen. Zu Hause beim Abendbrot nörgle ich weiter, obwohl es hier gerade heute was gibt, das weitaus leckerer schmeckt als diese Spätzle. Als meine Frau mich zur Rede stellt, versteh' ich aber plötzlich nur noch Bahnhof. Ausgerechnet Bahnhof! Und tags darauf fragen die Kollegen: Hat dir gestern jemand was ins Essen getan? Erst da kommt mir der schlimme Verdacht: Waren womöglich die Spätzle schuld? Liegt demnach auch die dauernde Wut dieser Schwaben in Baden-Wutemberg an deren exzessivem Spätzle-Verzehr? Und also vielleicht auch jene Wut, die die Schwaben im friedlichen Berlin so zuverlässig auf sich ziehen?
       Bis zur Klärung dieser Frage erkläre ich meine Küche zum spätzlefreien Plätzle.
 

© Detlef Färber