Du der du keine Wurst magst

von Erwin Grosche

Erwin Grosche - Foto © Bernd Mueller
Du, der du keine Wurst magst
oder
Der Wind der Veränderung
 
Du, der du keine Wurst magst, sag Bescheid. Wir machen dir ein Käsebrot. Du mußt nicht essen was Du nicht magst. Wenn du zwar Wurst magst, aber sie nicht sehen willst, dann machen wir das Licht aus während du ißt. Du bist nicht allein. Wir finden Lösungen. Ich mag auch keine Wurst und bin trotzdem beliebt. Nutzen wir den Wind der Veränderung. Wir können dir auch Marmelade auf dein Bütterken schmieren. Es muß keine selbstgemachte Marmelade sein, wenn du die von Mövenpick bevorzugst. Wichtig ist, daß du glücklich bist. Hörst du den Wind der Veränderung? Er pfeift durch die Gassen. Das hören die Massen. Du bist nicht allein. Du bist bei uns richtig und uns allen wichtig. Nun öffne den Wein.
       Du, der du die Musik der Scorpions nicht magst, obwohl du den Anfang ihres Hits „Wind of Change“ mitpfeifen kannst, sag Bescheid. Ich kenne viele, die die Musik der Scorpions nicht mögen, obwohl sie den Anfang von „Wind of Change“ mitpfeifen können. Manche sind sogar der Meinung, daß Pfeifen in einem Rocksong nichts zu suchen hat. Wenn jemand in ihren Liedern pfeifen durfte, dann war das Ilse Werner, der Rest soll summen. Entweder man heißt Scorpions, oder man pfeift. Man kann auch gemeinsam keine Scorpions hören und dabei den Anfang des Lieds mitpfeifen. Aber nur den Anfang und nur die ersten drei Töne.
       Du, der du lieber allein bleiben willst, sag Bescheid. Du bist nicht der einzige, der das will. Ich kenne viele, die lieber allein bleiben wollen und nichts dagegen haben, diesen Wunsch mit anderen zu teilen. Viele wollen auch allein bleiben, weil der Wind der Veränderung nicht für jeden angenehm ist. Aber wer Bohnen gegessen hat, muß damit rechnen, daß die Freiheit sich durchsetzt. Laß den Körper tun was er will. Man muß nicht über alles die Kontrolle behalten. Im Alter wachsen auch Nase und Ohren weiter. Mach Vorher-nachher-Bilder und laß den Wind sich verändern. Er pfeift durch die Gassen. Das hören die Massen. Du bist nicht allein. Du bist bei uns richtig und uns allen wichtig. Nun öffne den Wein.
       Du, der du keine Krokodile malen kannst, sag Bescheid. Etwas was nicht aussieht wie ein Krokodil, aber ein Krokodil sein soll, kann trotzdem ein Krokodil sein, nur ein anderes. Du hast dein Bestes gegeben und sogar einen grünen Buntstift benutzt, mehr kann man nicht erwarten. Du, der du kein Krokodil malen kannst, mal einen Elefanten. Der hat einen Rüssel und man kann Trööt machen als Hilfestellung, wenn ihn keiner erkennen will, weil er sich zu sehr an das Original klammert. Male einen Elefanten und pfeife auf das Krokodil. Überlege dir nur, welche Melodie du benutzt. Der Wind der Veränderung klingt nicht immer überzeugend.
       Du, der du so oft nicht weiter weißt, sag Bescheid, daß du nicht weiter weißt. Ich kenne viele die nicht weiter wissen. Sie wissen auch nicht, daß das nicht-weiter-wissen gar nicht schlimm ist. Es weiß ja niemand, daß man nicht weiter weiß. Manche wissen dann oft ihren Text nicht mehr und pfeifen ihn. Freunde macht man sich damit nicht.
       Du, der du nicht gemocht werden willst, sag Bescheid. Ich kenne viele, die nicht gemocht werden wollen. Wenn alle, die nicht gemocht werden wollen, zusammenstehen, dann geht das glatt über die Bühne. Eigentlich muß man nur den Wind of Change pfeifen, dann schlägt einem genug Ablehnung entgegen, weil alle mitpfeifen müssen. Hörst du den Wind der Veränderung? Er pfeift durch die Gassen. Das hören die Massen. Du bist nicht allein. Du bist bei uns richtig und uns allen wichtig. Nun öffne den Wein.

© 2022 Erwin Grosche

Erwin Grosches Web-Seite: www.erwingrosche.de