Aufstellungen

von Erwin Grosche

Erwin Grosche - Foto © Bernd Mueller
Aufstellungen
 
Es ist besser, wenn man in seinem gelernten Beruf gebraucht wird. Manchmal ist es nicht verkehrt, sich so breit aufzustellen, daß man auch in Krisenzeiten sein Auskommen hat. Irgendwas zusätzlich kann doch jeder zu seinem erlernten Beruf leisten. Ich sehe oft Handwerkerautos, die mit ihren Dienstleistungen prahlen. Warum die gesteigerte Aufmerksamkeit für „Leniger, Heizung-Lüftung-Sanitär“, nicht erweitern in „Leniger, Heizung-Lüftung-Sanitär und Hausaufgabenhilfe“? So weist man auf neue Dienstleistungen hin, ohne sein angelerntes Betätigungsfeld zu vernachlässigen. Warum nicht das Hochwasser im Badezimmer bekämpfen und gleichzeitig die Tochter des Hauses auf den kommenden Mathetest vorbereiten? Auch Herr Schmitt, der bekannte Paderborner Gartenarchitekt, könnte in einem Rutsch für den korrekten Haarschnitt werben. „Der gute Schnitt: Schmitt“: Gartengestaltungen und Haarpflege in einem. Jeder kann doch ein bißchen mehr, als das, was er gelernt hat. Ich kenne einen Fußballtrainer, der in seiner Freizeit kleinere Näharbeiten ausführen kann. Auch BärenPutz Müller sollte man nicht unterschätzen. Wer Häuser verputzen kann, kann auch Ehen kitten. Müllers Bärenputz der Helfer für Haus und Ehe. Ein gutes Wort zur rechten Zeit, Bärenputz Müller ist bereit. Die Ehe bröckelt, der Putz bröckelt, Bärenputz Müller hilft. Da sind die Parallelen bei beiden Aufgaben greifbar. Ich zum Beispiel kann sehr gut Brot schneiden. Ich könnte zu meiner angelernten Tätigkeit zu ihnen nach Hause kommen und für zwei oder drei Tage Brot schneiden. Winken sie ab, weil sie eine Brotschneidemaschine haben? Das kann ich besser. Ich kann Brot für ihren Mann so schneiden, daß er satt wird. Natürlich schneide ich für sie das Brot so, daß der Aufschnitt mehr zur Geltung kommt. Ich weiß, was sie mögen. Für die Kinder schneide ich das Brot in kleine Hälften, damit es einen nicht schon vom Ansehen her überwältigt. Eigentlich arbeite ich als Steuerberater, aber dazu biete ich gerne meinen Brotschneideservice an. Mich kann man absetzen.
(Aus: „Weltlexikon ZWO Berliner Fassung“)
 

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