Unter den Exorzisten-Filmen einer der besseren

„The Devis´s Light“ – von Daniel Stamm

von Renate Wagner

The Devil’s Light
Prey For The Devil - USA 2022 

Regie: Daniel Stamm
Mit: Jacqueline Byers, Colin Salmon, Posy Taylor, Ben Cross, Christian Navarro u.a.
 
Man könnte müde abwinken – „Exorzist“, schon wieder, immer wieder seit dem Welterfolg-Klassiker, man kann sich so schön (wenn auch immer auf die gleiche, letztlich ermüdende Art) gruseln. Da erstaunt ein Film wie „The Devil’s Light“, der sein Thema ernst nimmt. Der in einigen Szenen zwar den konventionellen Horror bedient (damit jener Teil des Publikums nicht enttäuscht ist, der wegen des „Teufels“ im Titel kommt), aber über das Wesen des Exorzismus nachdenkt. Und in der Hauptfigur einerseits den Eintritt der Frauen in die Welt der Exorzisten postuliert, angesichts an ihr auch Varianten der Besessenheit zeigt.
Ob man nun an den „Teufel“ glaubt oder nicht, daß Besessenheit ein nachweisbares Phänomen ist, ist so oft bewiesen, daß es nicht geleugnet werden kann. Ob es bloß mit dem menschlichen Gehirn zu tun hat, mit Geisteskrankheiten, die ungewöhnliche Kräfte und Fähigkeiten freisetzen, oder um das, was die Religion einer irreal-realen Kraft namens „Teufel“ zuschreibt – das löst der Film natürlich auch nicht (ist auch als Problem nicht lösbar),
 
Aber der deutsche Regisseur Daniel Stamm erzählt eine bemerkenswert gerade Geschichte zu einem Thema, bei dem er sich auskennt (er hat mit „Der letzte Exorzismus“ einen Horrorfilm im Doku-Stil gedreht). Schwester Ann (die Kanadierin Jacqueline Byers, bisher unbekannt, blond, glaubwürdig, intensiv)  ist eine junge Nonne, die in einer Institution als Krankenschwester arbeitet, wo die Kirche Exorzismus-Patienten untergebracht hat. Nebenbei werden dort junge Priester von einem erfahrenen Professor, Vater Quinn (von ruhiger Eindringlichkeit: Colin Salmon) zu Exorzisten ausgebildet – nur Männer, aber als Ann sich einfach in die Vorlesung setzt, wirft man sie nicht hinaus. Es ist übrigens bemerkenswert, daß in diesem Film keinerlei „Kirchen-Bashing“ betrieben wird, wie es allgemein üblich geworden ist. Vielmehr sind die mächtigen Männer dort durchaus bereit, einer Frau Raum einzuräumen, die sich durch ihre Persönlichkeit und ihr  Engagement durchsetzt. Auch gibt es eine Psychiaterin (Virginia Madsen) in der Handlung, als Beweis dafür, daß die Kirche hier nicht unreflektiert in archaische Rituale repetiert, sondern auch die moderne Wissenschaft heranzieht.
 
Schwester Ann ist Heldin und das lebende Problem der Geschichte. Als Tochter einer nervenkranken, vielleicht besessenen Mutter (Rückblicke zeigen schaurige Kindheitserlebnisse), wird sie selbst von Alpträumen und Zwangsvorstellungen geplagt und, ist innerlich unnatürlich intensiv mit dem Problem beschäftigt. Sie will helfen, vor allem der zehnjährigen Natalie (die erschreckend eindrucksvolle junge Britin Posy Taylor), zu der sie eine besondere Verbindung fühlt (die Lösung dieser Themenschiene überrascht nicht wirklich, ist aber dramaturgisch wichtig).
Nachdem ein Kollege, Pater Dante (Christian Navarro), sie gebeten hat, seine besessene Schwester zu exorzieren, die offenbar aus Schuldgefühlen wahnsinnig geworden ist, und als das mißglückt, will sich Schwester Ann (von den Kirchengewaltigen, darunter Ben Cross, schlecht aussehend in seiner letzten Rolle – nur moderat zurecht gewiesen) wieder in ihr stilles Kloster zurückziehen.
Aber als Natalie, zwischendurch entlassen, wieder in die Anstalt zurückkehrt, ist sie es, die dem Exorzismus die entscheidende Wende geben kann – um den Preis eigener Besessenheit. Sie wird, so deutet das Schlußbild an, den Rest ihres Lebens lang immer wieder den Teufel in Menschengesichtern sehen… Jedenfalls versteht man an ihrer Figur sehr gut, wie groß das Risiko ist, das Exorzisten eingehen, nicht nur an Leib und Leben, sondern auch an ihrem Verstand.
 
Es ist keine überwältigende Geschichte, aber sie kommt mit ehrlicher Absicht auf den Kinobesucher zu. Unter den Exorzisten-Filmen kann man diesen sicher unter den besseren einreihen.
 
 
Renate Wagner