Schoßkind des Glücks

Gustav Gans ist der "Heimliche Held" in Band 8 der Ehapa Comic Collection

von Frank Becker

© Disney/ehapa
Es kann nur einen geben!

Gemeint ist mit dieser Feststellung der Zeichner, der 1948 den Glückspilz unter dem Federvieh von Stella Antarum, in Entenhausen nämlich, eingeführt hat: Carl Barks (1901-2000). Er schuf das Universum, in dem alles und nichts gilt, den Ort, an dem es alles in unmittelbarer Nähe nebeneinander gibt, den universellen Mikrokosmos, den Nucleus Mundi, den die Wissenschaft seit Enten-, Verzeihung: Menschengedenken verzweifelt sucht. 
   

   Gustav Gans, im Original Gladstone Gander, ist der natürliche Antipode des ewigen Pechvogels Donald Duck, dem das Herz eines jeden Fühlenden gehört. Gustav hingegen steht man zwar nicht ohne Sympathie, zugleich mit ein wenig Neid, jedoch stets ziemlich gespalten gegenüber. Berühmt seine schlichte Selbsteinschätzung in WDC 131 A: "Ich kann dir nur sagen, mein lieber Donald, ich bin ein Schoßkind des Glücks!"
Nicht weniger legendär allerdings ist Donalds anschließender Monolog: "Heut Morgen ist mir die Zunge in den Rührfix gekommen, gestern Abend ist mir das Seifenpulver in die Rühreier gefallen und vorgestern... na ja! Es gibt eben auf dieser Welt Glückskinder und Unglückswürmer. Und ich bin eben ein Unglückswurm."  Die den wundervollen und nie wieder erreichten Zeichnungen Carl Barks´ ebenbürtigen deutschen Übertragungen der mitunter weit weniger originellen amerikanischen Original-Texte stammen von Dr. Erika Fuchs (1906-2006), der unvergessenen Ikone deutscher Sprechblasen-Kultur.

   Die ehapa Comic Collection hat sich zum 60. Jahrestag seines Erscheinens des Ganters mit der auch nicht immer ganz glücklichen Hand angenommen und ihm unter der Redaktion von Wolf Stegmaier einen Band der Reihe "Heimliche Helden" gewidmet. Verdient hat das der ewige Rivale Donalds um die Gunst Daisy Ducks, der Angeber in Gamaschen, der auch schon mal ein bißchen schwindelt und mogelt, um zum Ziel zu kommen, allemal. Denn man kann ihm eine gewisse Sympathie einfach nicht versagen. Der Comic-Journalist, Zeitungswissenschaftler und Übersetzer Wolfgang J. Fuchs hat der Sammlung von 14 Geschichten ein ausführliches und auch sehr eloquentes Essay vorangestellt, das die Entwicklung der Figur und ihre Charakteristik höchst interessant aufdröselt. Die Abfolge der Geschichten beginnt, na klar, mit Carl Barks - von ihm stammen "Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt", "Spielleidenschaft" und "Eine peinliche Enthüllung". Mit den Übersetzungen von Erika Fuchs sind es die Perlen des Bandes. Noch mithalten können die folgenden "Gustav im Glück", "Der Glücksgroschen" und Glückssache", denn auch hier übersetzte Erika Fuchs und der Zeichner Vicar (
Victor Arriagada Rios, *1934) kann Carl Barks´ hohes Niveau halten.

   Danach geht es jedoch erst ein wenig, dann steil bergab mit Handlung und Charakteren. Die Bösartigkeit, Schadenfreude und häßliche Mißgunst, die vor allem in den letzten Jahren den Helden Donald und Gustav, mehr aber noch den Bösewichtern in die Gesichter gezeichnet wurde, läßt den Barksisten Abstand nehmen. Damit möchte er nichts zu tun haben. Auch die deutschen Texte lassen an Witz und Liebenswürdigkeit stark zu wünschen übrig. Man darf nicht vergessen, daß den Micky Maus-Heften und ihren Geschichten neben der prächtigen Unterhaltung einmal eine nicht zu unterschätzende pädagogische Wirkung zukam, denn sie wurden wegen der guten Unterhaltung Kindern gerne gegeben. Heute wäre das sehr zu überlegen. Es ist also keine reine Nostalgie-Sammlung nur mit den wirklich guten Geschichten um Gustav und Donald, sondern ein hochinteressanter Ausflug in die Entwicklungsgeschichte des Comics.

Weitere Informationen unter: www.ehapa-comic-collection.de