Autoren, Zensoren, Wollust
Erotische Exkurse für jedermann
(und jede Frau)
Was wollen uns die Umschläge der beiden Bücher signalisieren, die ich Ihnen heute hier vorzustellen das ungeteilte Vergnügen habe? Da finden wir auf dem Buchdeckel für „Der verbotene Eros“ Amadeo Modiglianis „Liegenden Akt auf weißem Kissen“ von 1917: Die Verführung schlechthin in Form einer sich lasziv dem Blick des Betrachters gebenden Frau von herrlicher Weiblichkeit, durch über den Kopf gehobene Arme ihre schönen Brüste und die schlanke Bauchlinie betonend und einladend den Schoß als Zentrum der üppigen Hüftpartie zeigend. Ihr Blick geht kühl, doch lächelnd am Betrachter vorbei, wir um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Modigliani hat das Motiv in dieser Körperhaltung damals wenigstens sechsmal gemalt, die hier verwendete Fassung gehört zu den schönsten.
Auf dem ein Jahr danach herausgegebenen „Vokabeln der Lust“ finden wir einen anderen Klassiker der Aktdarstellung, Francisco de Goyas „Nackte Maya“ (Maja Desnuda) aus dem Jahr 1800. Hier geht der Blick der dargestellten Schönen an dem des Betrachters um einen Hauch vorbei, lädt ihn aber, in ähnlicher Köperhaltung die Brüste und den Schoß betonend zum Verweilen ein.
Womit wir bei den Büchern und der Intention der Umschlaggestaltung sind. Die nämlich soll Interesse wecken, zum ersten Hineinschauen und zum Kauf der unstatthaften Lektüren ver-führen. Klappt.
Begleitet von zahlreichen Auszügen historischer und zeitgenössischer erotischer Texte von Theokrit über Giovanni Boccacio, Pietro Aretino und John Cleland bis Robert Neumann und Henry Miller läßt MC Graeff in „Der verbotene Eros“ eine Geschichte der staatlichen und kirchlichen Zensur und der Diskussionen über den Umgang mit Erotik und Pornographie im öffentlichen Diskurs entstehen.
Falls Sie noch nicht wissen sollten, was f2f bedeutet, wer Blaubart war, was englischer Verkehr ist und Vaginetten sind, wozu eine Hasenpfote taugt und welche Kürzel bei erotischen Kleinanzeigen gebräuchlich sind, Max Christian Graeffs „Vokabeln der Lust“ hilft Ihnen auf die Sprünge, vom Atombusen bis zum Kleinen Tod. In brav lexikalischer Ordnung von A bis Z finden Sie die Aufschlüsse über das intim Zwischenmenschliche, die Ihnen bislang noch fehlten.
Das erotische Wörterbuch „Vokabeln der Lust“ gibt es als e-book noch bei der Edition Diá. Als Print-Editionen sind beide Bände bedauerlicherweise vergriffen und nur noch über den Antiquariatsbuchhandel zu finden. Doch das Suchen lohnt, denn hier weiß scheints jemand genau, wovon er spricht. Beiden Büchern kann man bescheinigen, über das kenntnisreich Informative hinaus äußerst unterhaltsam und durchaus anregend zu sein.
Max Christian Graeff – „Der verbotene Eros“
Unstatthafte Lektüren
© 2000 dtv, 224 Seiten, Broschur, sieben Illustrationen – ISBN: 3-423-20274-2
Max Christian Graeff - „Vokabeln der Lust“
© 2001 dtv, 237 Seiten, Broschur, Register - ISBN: 3-423-20446-X
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